: Stiftungsgedanke verwässert
betr.: „Mehr Freiheit, weniger Mitsprache“, taz vom 11. 10. 00
Die Idee der Stiftungshochschule ist gut, jedenfalls dann, wenn sie konsequent umgesetzt wird. Eine Stiftung funktioniert in etwa so: Ein Stifter stiftet Geld (oder sonstiges, das dauerhafte Erträge bringt, wie Grund) für einen Zweck. Das Geld ist das Stiftungsvermögen, das nicht verbraucht werden darf und aus dessen Zinsen der Stiftungszweck erfüllt wird. Eine Stiftung gehört sich selbst und besteht ewig. Also eine Rechtsform, die für eine Hochschule ideal ist, da sie die vollkommene Unabhängigkeit (jedenfalls in finanzieller Hinsicht) gewährleistet.
Im Falle der Universität Hamburg, die etwa einen jährlichen Haushalt von 1,2 Milliarden Mark hat, müsste das Stiftungsvermögen 24 Milliarden Mark betragen, um aus den jährlichen Erträgen die laufenden Kosten bestreiten zu können. Diese Summe aufzubringen, dürfte dem Bundesland Hamburg bei einem Jahresetat von 19 Milliarden Mark schwer fallen.
Nun wird der Stiftungsgedanke verwässert. Das Land kann nur die Gebäude in die Stiftung einbringen. Der Erfolg, den man sich laut Ihrem Artikel verspricht, nämlich Einkünfte aus Miete, Werbung und Entgelten (sprich Studiengebühren), ist sicherlich nicht der Grund zur Errichtung einer Stiftung, das ließe sich einfacher regeln. „In Zeiten knapper Haushaltskassen wäre die Finanzierung langfristig gesichert, die Universität wäre unabhängig von wechselnden politischen Mehrheiten und unsicheren staatlichen Zuwendungen.“
Dass dem so wäre, ist zu bezweifeln. Mit der Änderung der Rechtsform verringern sich die Kosten für den Betrieb einer Uni mitnichten, das Gegenteil ist zu erwarten. Von effizienteren Leitungsstrukturen ist nämlich nicht die Rede, und Stiftungsrat und Stiftungsvorstand werden mächtig viel Verantwortung fühlen, die sie sich dann natürlich angemessen entlohnen müssen. Die jährlichen Kosten für den laufenden Betrieb der Hochschule sollen wie bisher auch schon jährlich vom Land überwiesen werden.
Das widerspricht dem Stiftungsgedanken und macht die Hochschule keineswegs unabhängig von politischen Strömungen und staatlichen Zuwendungen.
Bleibt als Grund wohl nur noch, sich mittels der Rechtsform einer Stiftung die lästige Ministerialbürokratie vom Halse zu schaffen, was vielleicht schon Grund genug ist. Zu empfehlen wäre allerdings, das Modell Stiftungshochschule zunächst an einer kleineren Hochschule mit 5.000 Studierenden und nicht gleich an einer mit 40.000 Studierenden auszuprobieren.
ANDREAS BURGER, Konstanz
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