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die stimme der kritikBetr.: Sex, Drogen und Bier

USA (ohne Hawaii) wieder einmal vor Deutschland

Auf dem Dokumentarfilmfestival in Leipzig ist es schön! Morgens sitzen alle im Frühstücksraum unter Gummibäumen und lesen mit großem Interesse den gleichen Artikel in der Leipziger Volkszeitung, in dem es um eine „Sex-Studie“ geht, die die britische Kondomfirma Durex in Auftrag gegeben hatte. Der Artikel ist garniert mit vielen bunten Statistiken, die so aussehen wie kürzlich die Medaillenspiegel der Olympiade in Sidney.

Lustigerweise ist der Spitzenreiter der gleiche wie dort: Die USA also sexen durchschnittlich 132 Mal im Jahr. Die Russen tun „es“ 122 Mal auf Platz 2. Deutschland ist mit 97 Nennungen „nur auf Rang 13“, was ungefähr dem Medaillenstand der BRD entspricht, zieht man die DDR mal ab. Japan hat die rote Laterne (37 Mal). Im Jahr zuvor war England noch mit 133 „Sexualkontakten“ Erster und ist nun auf Platz 7 abgestürzt. Wahrscheinlich wegen verschärfter Dopingkontrollen, die, wie wir wissen . . . Aber lassen wir das.

Die hiesige Kunstzeitschrift heißt übrigens Ejaculata, das Motto des Filmfestes ist „Sehen, was wirklich los ist“ – und Sex und Drogen

passen auch immer ganz gut zusammen.

Frederic, der achtzehnjährige Sohn des ehemaligen Kleinkindhochhalters und Exbundesvorsitzenden der SPD, Oskar Lafontaine, wurde also gerade mit 115 Gramm Marihuana, 230 Gramm Haschisch sowie einigen Gramm der „Modedroge ‚Pilze‘ “ erwischt, meldet die Leipziger Volkszeitung. Er saß im Zug aus Amsterdam, in Begleitung von zwei kleinen Freunden. „Modedroge ‚Pilze‘ “ ist gut. Haha! Pilze sind meines Wissens die ältesten Pflanzen der Welt und wirklich alles andere als „modisch“!

Und weshalb die Leipziger Volkszeitung (LVZ) Pilze in Anführungszeichen setzte, ist ein großes Geheimnis. Man kann natürlich alles und auch „Anführungszeichen“ in Anführungszeichen setzen. Kann man alles; muss man aber nicht. Später lasen wir die Leipziger Ausgabe der Bild-Zeitung. Sie hatte den jungen Frederic zu ihrem Aufmacher gemacht und gemäß ihrer lügnerischen Natur den Rauschgiftfund vergrößert und ein paar Ecstasypillen hinzugefügt. Auch Popstar Whitney Houston war übrigens neulich gerade mit ein paar Gramm Hasch erwischt worden. In Hawaii. Wahrscheinlich, weil es dort immer noch kein Bier gibt.

DETLEF KUHLBRODT

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