: Zehn-Prozent-Quote für das Klima
Zentraler Teil des Klimaschutzprogramms ist Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Grüne stellten Konzept vor
BERLIN taz ■ Konventionelle Kraftwerke sind Energieverschwender. Gerade mal ein Drittel der Wärme, die bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern – also Kohle, Öl oder Gas – entsteht, wird üblicherweise in den Turbinen zu Strom transformiert. Die anderen zwei Drittel gehen als „Energieabfall“ ins Kühlwasser oder die Luft. Muss aber nicht sein: Durch die so genannte Kraft-Wärme- Kopplung (KWK) in Blockheizkraftwerken lässt sich ein Teil dieser „Abwärme“ als Heizmedium nutzen.
Ein zentraler Teil des gestern vom Kabinett gebilligten Klimaschutzprogramms ist der Ausbau dieser Kraft-Wärme-Kopplung. Durch die Verdoppelung der derzeitigen KWK-Kapazitäten in den nächsten zehn Jahren soll eine zusätzliche Kohlendioxid-Minderung von zehn Millionen Tonnen erbracht werden. Seit dem 18. Mai ist ein KWK-Vorschaltgesetz in Kraft, das den städtischen KWK-Anlagen ein wirtschaftliches Überleben nach der Liberalisierung des Strommarktes garantiert. Um die Pläne umzusetzen, soll dieses Vorschaltgesetz jetzt von einem Ausbaugesetz abgelöst werden.
Konsens besteht im Kabinett darüber, dass die klima- und energiepolitische Leitfunktion dieses Gesetzes über eine Quotenregelung realisiert werden soll. Alle Stromhändler sollen verpflichtet werden, zehn Prozent des von ihnen angebotenen Stromes aus KWK-Anlagen zu beziehen. „Die Details werden bis Ende des Jahres festgelegt, ein entsprechender Gesetzentwurf Mitte des nächsten Jahres verabschiedet werden“, erklärte gestern Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Bündnisgrünen.
Wie das Prinzip funktionieren könnte, stellte die bündnisgrüne Expertin gestern vor. „Zertifikate“ oder „Zertifikathandel“ heißen die Stichworte. Jede in einem Blockkraftwerk erzeugte Kilowattstunde Strom soll zwei Mal verkauft werden: als reale Stromeinheit und als Zertifikat. Ein Kilowattstunde-KWK-Strom entspricht also einem Zertifikat. Alle auf dem deutschen Markt agierenden Stromhändler müssen Zertifikate in Höhe von zehn Prozent der eigenen Handelsmenge nachweisen. Diese Regel wird so praktisch zu einer Quersubventionierung des KWK-Stroms.
Nicht nur das: Sie wird nach Hustedts Überzeugung auch zu Investitionen der deutschen Stromwirtschaft in die Kraft-Wärme-Kopplung führen: Entweder die Stromhändler bauen eigene KWK-Anlagen, um die 10-Prozent-Quote zu erfüllen, oder sie kaufen sich von KWK-Betreibern, die ihre Quote übererfüllt haben, freie Zertifikate. Mit den beiden Strombörsen in Frankfurt und Leipzig laufen nach Hustedts Angaben derzeit Verhandlungen, wie ein solcher Zertifikatshandel praktisch aussehen könnte. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft derzeit gutachterlich das Konzept.
Hustedt widerspricht der Energiewirtschaft, dass die geplante Regelung Arbeitsplätze in Deutschland kostet: „Der KWK-Strom muss naturgemäß in Deutschland hergestellt werden, weil die Wärme – im Gegensatz zu Strom – nicht über große Distanzen transportiert werden kann.“ Insofern würden mit dem Ausbau der KWK-Anlagen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. NICK REIMER
Ein Teil der in der taz-Stromkampagne vertretenen Firmen bietet ein Produkt mit über einem Drittel KWK-Strom an. Der andere lehnt diesen Strom als „nicht regenerativ“ ab. Mehr zur Stromkampagne: www.taz.de
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