: Rudolf Scharping rät: Heirate dich frei
Verheiratete sollen künftig nicht mehr dienen müssen. Bundeswehrverband warnt vor einer Erosion der Wehrpflicht
BERLIN taz/dpa ■ Ein klares „Ja“ auf dem Standesamt soll genügen. Die Bundeswehr erwägt, verheiratete Männer ab 2002 nicht mehr einzuberufen. Auch Männer in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften müssen vielleicht nicht mehr dienen. „Wir prüfen das. Aber erst, wenn das Gesetz zur Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften in Kraft ist, kann darüber entschieden werden“, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Auch für verheiratete Zivi-Anwärter wäre nach der Entscheidung des Verteidigungsministeriums mit der Dienstpflicht Schluss. „Wenn die Wehrpflicht für Ehemänner fällt, wird der Zivildienst nachziehen“, sagte gestern die Sprecherin des Bundesfamilienministeriums, Beate Moser, der taz.
Mit dem Verzicht auf Einberufung verheirateter Männer will die Bundeswehr dem drohenden Überhang an Wehrpflichtigen entgegenwirken. Die derzeit 93.700 Plätze für Grundwehrdienstleistende will Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) aus Kostengründen in den nächsten zehn Jahren nahezu halbieren. „Die bisher vorgelegten Maßnahmen werden dafür nicht reichen“, kritisiert der Geschäftsführer der Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerung, Peter Tobiassen. Nur reichlich 1.000 Soldaten seien verheiratet und weitere 13.000 würden mit der Tauglichkeit T 7 demnächst jährlich ausgemustert. Tobiassen rechnet aber damit, dass schon in wenigen Jahren nur noch jeder Zweite einberufen werden kann, und plädiert deswegen wie FDP und Grüne für eine Abschaffung der Wehrpflicht. „Von einer Gleichbehandlung junger Männer kann schon jetzt keine Rede mehr sein.“
Die zunehmende Wehr-Ungerechtigkeit kritisiert auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes Bernhard Gertz. Im Radio nannte Gertz die Überlegungen des Verteidigungsministeriums einen Versuch, die Zahl der Wehrdienstleistenden künstlich zu verringern, und warnte vor der „Erosion der allgemeinen Wehrpflicht“.
Hält die Bundesregierung an der Wehrpflicht fest, kommt nach Einschätzung von Peter Tobiassen die Bundeswehr aber um weitere Dienstbefreiungen nicht herum. Schon jetzt gebe es zu viele Wehrpflichtige. „Etwa 300.000 Männer wurden bereits gemustert, aber zurückgestellt.“ Dass die neue Regelung zu einem Hochzeitsboom unter jungen Menschen führe, glaubt er nicht. „Eine Ehe verpflichtet in der Regel nun man länger als die Bundeswehr.“ RALF GEISSLER
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