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Recht auf Flexibilität

Ein neues Gesetz zur Teilzeitbeschäftigung und zu befristeten Arbeitsverträgen soll Arbeitnehmern mehr Rechte und Sicherheit verschaffen. Sowohl die Gewerkschaften als auch der Arbeitgeberverband kritisieren den Entwurf

von MARTIN KALUZA

Und da war es wieder, dieses Wort: Flexibilität. Einerseits weiß man gleich, was man zu meinen hat: Wer flexibel ist, ist fortschrittlich, erfolgreich, kann mit dem ganzen Globalisierungskrempel mithalten, und überhaupt. Unflexibel sind Bürokraten und andere Sesselpupser. Andererseits: Flexibilität genießen und Flexibilität von anderen fordern sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Nehmen wir die Arbeitszeit. Von den Arbeitnehmern wird zunehmend erwartet, dass sie lange vor neun, weit nach fünf und am liebsten noch auf Abruf bereit stehen. Disponieren tut der Chef. Wer selbst bei der Einteilung der Arbeitszeit mitreden möchte, stellt oft fest, dass die viel beschworene Flexibilität eine Einbahnstraße ist.

Wenn es nach Bundesarbeitsminister Riester (SPD) geht, soll die Position der Arbeitnehmer nun gestärkt werden. Ein kürzlich vorgestellter Gesetzentwurf sieht vor, ab dem 1. Januar 2001 zum einen Teilzeitarbeit stärker zu fördern und zum anderen befristete Arbeitsverträge nur noch bei Neueinstellungen zuzulassen. Ganz zufrieden sind damit weder die Arbeitnehmer noch die Arbeitgeber. Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßen die neuen Regelungen zwar im Prinzip, kritisieren aber, dass befristete Arbeitsverträge überhaupt weiter möglich seien – eine zweijährige Probezeit sei das praktisch.

Die Arbeitgeber dagegen sehen in dem Gesetzentwurf neue „Beschäftigungshürden“. Ihnen stößt auf, dass sie einen Mitarbeiter demnächst nur noch höchstens zwei Jahre lang befristet beschäftigen können und Ketten befristeter Verträge mit demselben Angestellten nicht mehr möglich sein sollen. „Die Befristung ist das erfolgreichste Arbeitsbeschaffungsprogramm der letzten zwei Jahrzehnte“, knurrte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt angesichts Riesters Entwurf. Als „Beschäftigungsbremse“, so Hundt, werde sich außerdem der vorgesehene Anspruch auf Teilzeitarbeit auswirken.

Künftig sollen Angestellte, die mindestens sechs Monate in einem Betrieb mit mindestens 15 Mitarbeitern beschäftigt sind, ein Recht auf Teilzeitarbeit haben, solange keine „dringenden betrieblichen Gründe“ dagegen sprechen. Dabei sollen Teilzeitbeschäftigte Lohn und geldwerte Leistungen wenigstens anteilig zur verringerten Arbeitszeit bekommen. Außerdem werden Arbeitgeber „aufgefordert“, neue Stellen künftig grundsätzlich auch als Teilzeitstellen auszuschreiben.

Riester sieht darin genau das Gegenteil einer Beschäftigungshürde. „Seit langem möchten rund drei Millionen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre Arbeitszeit verringern“, sagt der Arbeitsminister und zitiert Modellrechnungen des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung: Wenn die bestehenden Teilzeitwünsche konsequent verwirklicht würden, könnten dadurch rund eine Million neue Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden. „Die Teilzeitregelungen werden insbesondere Frauen zugute kommen“, prophezeit Riester, „aber auch Männer und Beschäftigte in höheren Positionen sollen mehr als bisher zur Teilzeit ermuntert werden.“

Wie genau die Teilzeitregelungen umgesetzt werden sollen, lässt der Gesetzentwurf offen (alles andere wäre auch unflexibel). Das Ministerium verweist auf eine Reihe von Unternehmen, die trotz umfangreicher Teilzeitangebote noch nicht zugrunde gegangen sind. So habe das Kaufhaus Beck in München, bei dem Teilzeit bis zur Führungsebene möglich sei, eine Teilzeitquote von 60 Prozent. Bei BMW, wo seit 1977 Teilzeitarbeit im Angebot ist, gebe es mittlerweile über zweihundert verschiedene Arbeitszeitmodelle.

Eine bislang wenig beachtete Möglichkeit dürfte die Einrichtung von langfristigen „Arbeitszeitkonten“ sein: Mitarbeiter, die den vollen Tag arbeiten, aber zum Beispiel nur fünfundachtzig Prozent des Gehalts ausgezahlt bekommen, sparen so automatisch Überstunden an, die sie dann nach längerer Zeit in einem Rutsch abbummeln. Das bedeutet etwa (zusätzlich zum üblichen Jahresurlaub) alle zwei Jahre eine Auszeit von zwei oder drei Monaten. Die Amerikaner nennen das „Sabbaticals“.

Bei vielen Unternehmern hierzulande herrscht unterdessen noch das Vorurteil, Teilzeit wäre, wenn die Sekretärin nur vormittags arbeitet. Man möchte ihnen zurufen: „Arbeitgeber! Lernt von euren Mitarbeitern! Werdet flexibel!“

Info-Page des Arbeitsministeriums: www.teilzeit-info.de

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