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Deutschland im BSE-Chaos

Das Füttern mit Tiermehl wird doch erst in einigen Tagen verboten. EU-weites Verbot dauert angeblich Jahre. Verbraucher ziehen Kosequenzen: Umsatz in der Fleischbranche fällt dramatisch

BERLIN taz/ap ■ Die Bundesregierung kann doch nicht ab morgen das Verfüttern von Tiermehl verbieten. Bundesagrarminister Karl-Heinz Funke (SPD) begründete dies gestern mit juristischen Bedenken – eine Gefahr im Verzug sei nicht belegbar. Das Verbot wird um mehrere Tage verschoben.

Anscheinend hat es keine Vorbereitungen auf den Fall der Fälle gegeben. Der war am Freitag eingetreten, als die ersten zwei BSE-Fälle bei in Deutschland geborenen Kühen festgestellt wurden. Die Verbraucher reagierten: Nach Schätzung des größten deutschen Schlachthofes West-Fleisch sank der Absatz der Fleischbranche um 30 bis 50 Prozent.

Die Verfütterung von Tiermehl gilt als mögliche Ursache für die Verbreitung des Rinderwahns. Das geplante Totalverbot der Tiermehlverfütterung in Deutschland wird allerdings nach Einschätzung von EU-Gesundheitskommissar David Byrne sowieso erst „nach vier bis fünf Jahren“ Wirkung zeigen. Das sagte Byrne der Tageszeitung Die Welt vom Montag. Nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis sei eine Übertragung von BSE über Tiermehl auf Schweine oder Geflügel zwar auszuschließen, offenkundig gebe es aber ein Problem mit der Kontrolle des Verfütterungsverbotes an Wiederkäuer wie Rinder oder Schafe. Deutschland sei „sehr selbstgefällig“ gewesen, monierte der Brüsseler Kommissar.

Gestern sorgte ein Krankheitsfall aus Schleswig-Holstein für Aufregung: Angeblich liege ein 37-Jähriger aus dem Landwirtschaftssektor in einer Klinik. Diagnose: die eventuell durch BSE verursachte neue Variante der Gehirnschwamm-Krankheit Creutzfeldt-Jakob. Das zuständige nationale Zentrum in Göttingen versicherte aber, dass es bisher nicht „irgendeinen Hinweis auf die neue Variante von CJD“ gebe. REM

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