piwik no script img

I Don`t Believe In Zimmerman

John Lennon als Musterschüler ■ „Ihnen hat ‚It`s alright, Ma` nicht gefallen“, grantelt Bob Dylan nach seinem Konzert in London düster. „Vielleicht haben sie es bloß nicht verstanden, weißt du, das ist der Preis, wenn man seiner Zeit voraus ist“, versucht John Lennon ihn schüchtern zu trösten. „Kann sein, aber ich bin ihr nur zwanzig Minuten voraus“, ätzt es zurück. Der Dylan von 1965 mag es nicht, wenn man ihm um den Bart geht. Treffen in jenen Tagen die musikalischen Idole der Jugend aufeinander, liegt eine knisternde Rivalität in der Luft. Dabei geht es vor allem darum, wer der Hippeste aller Hippen ist. In Großbritannien trägt diesen Titel unangefochten John Lennon, der sich seine Opfer herauspickt und sie mit seiner gefürchteten scharfen Zunge genüsslich erledigt. Gegen Dylan hat jedoch auch er keine Chance. Der coole Amerikaner mit der schwarzen Sonnenbrille und den schlechten Manieren hat ihm vor allem eines voraus: das Charisma des wahren Künstlers. Während sie noch Pennälerlyrik zum Besten geben, singt er von „desillusionierten Worten, die wie Gewehrkugeln bellen“.

John Lennon lauscht in Ehrfurcht und will bald selbst genauso sein. Seine Songs beginnen nach Dylan zu klingen, I`m a Loser, You`ve got to hide your love away, Ticket to Ride und vor allem Norwegian Wood. Dylan selbst ist einerseits geschmeichelt von diesem Epigonentum, andererseits peinlich berührt.

Bis dahin hatten die Beatles nur gemeinsam existiert, Dylan sorgt, lange bevor Yoko Ono den finalen Keil in das Quartett treibt, für den ersten Bruch im Kollektiv. Das Autorenduo Lennon/McCartney existiert bald nur noch auf dem Papier. Im Laufe seiner eigenen künstlerischen Emanzipation entfremdet sich Lennon zunehmend nicht nur von den Beatles, sondern auch von seinem Lehrmeister. Den Schlusspunkt setzt 1979 Lennons spöttischer Song „Serve Yourself“, mit dem er das „Gotta Serve Somebody“ des Christ gewordenen Dylan parodiert. Die Krücken haben endgültig ausgedient. MATTI LIESKE

Was McCartney den Beatles, ist MATTI LIESKE der taz: der Mädchenschwarm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen