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Umstrittener Faktor

Eine große Koalition für eine neue Rentenformel bahnt sich an.Auch das Arbeitsministerium mag nicht mehr vom Ausgleichsfaktor reden

BERLIN taz ■ Die Wetten laufen noch: Kommt der Ausgleichsfaktor oder kommt er nicht? Doch die Journalisten, die gegen das Arbeitsministerium gewettet haben, dass es nicht zu dieser Art von Rentenkürzung kommen werde, frohlocken immer lauter, je vorsichtiger die Auskünfte des Arbeitsministeriums werden: „Das Entscheidende für uns ist, dass die Beitragssätze stabil bleiben“, hieß es dort gestern, dafür müsse das Rentenniveau „moderat sinken“ und dafür bedürfe es „eines Rechenfaktors“.

Im Übrigen werde man die Ergebnisse der dreitägigen Anhörung, die gestern im Sozialausschuss des Bundestages begann, sorgfältig auswerten, hieß es im Ministerium. Das Wort Ausgleichsfaktor tauchte nicht auf.

Nähme das Riester-Ministerium die Anhörung ernst, so könnte es den Ausgleichsfaktor gleich beerdigen: Nicht nur aus den Reihen der Sozialverbände hagelte es gestern Kritik. Auch der DGB und die CDU wollen den Ausgleichsfaktor kippen, weil er die junge Generation zu stark belaste und die Älteren ungeschoren davonkommen ließe. Die Forderung von Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) und CDU: Der Ausgleichsfaktor, der eine Rentenkürzung von jährlich bis zu 6 Prozent bei den Neurentnern ab 2011 vorsah, soll wegfallen. Dafür soll die Rentenformel so verändert werden, dass alle Rentner gleich belastet werden.

Ein Konzept dafür hat der Verband der Rentenversicherungsträger (VDR) vorgelegt: Danach soll die Rente für alle ab dem Jahr 2011 schlicht nach einer schmaleren Berechnungsbasis steigen. Nicht mehr 100 Prozent der Bruttolöhne sollen die Grundlage der Anpassungsformel sein, sondern nur noch 75 Prozent. Davon werden dann die aktuell geltenden Renten- und Privatvorsorgebeiträge abgezogen und das ganze durch die Vorjahreswerte dividiert. So ergibt sich die Steigerungsrate für die Renten. Mit einem gewünschten Nebeneffekt: Werden die aktuellen Rentenbeiträge erhöht, so wird die Steigerungsrate der Ruhegelder automatisch gedämpft.

Vor allem aber werden nach dem VDR-Modell alle Rentner gleich belastet – der Ausgleichsfaktor hätte dagegen einseitig das Rentenniveau nur für die Neurentner abgesenkt, und zwar heftig: 2030 sollte es bei 64 Prozent des bisherigen Einkommens liegen. Mit der neuen, vom VDR vorgeschlagenen Formel würde die Eckrente im Jahr 2030 hingegen bei 67 Prozent des Einkommens landen – und dies gelte für alle. Doch dieses Niveau hätten ohnehin nur die „Eckrentner“ mit einer 45-jährigen „Vollerwerbsbiografie“ erreicht, das sind heute bereits nur noch die Hälfte der Männer und 39 Prozent der Frauen. Alle anderen landen darunter und dümpeln nicht selten um das Sozialhilfeniveau herum. HEIDE OESTREICH

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