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pampuchs tagebuchDie universal kombinierbare Warteschleife

Es gilt zunächst, eine Selbstanklage zurückzunehmen. Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle öffentlich verbreitet, ich hätte durch dummes und wahlloses Löschen von Dateien meinem eigenen Laptop den Garaus gemacht. Dieses vorschnelle Bekenntnis hat sich inzwischen als eine höchst unsolidarische Selbstkritik erwiesen. Denn nicht mein – in der Rückschau – durchaus behutsames Reinigen der Festplatte hat zur Katastrophe geführt, sondern das Auftreten von nicht weniger als drei (!) Viren, die sich in abgefeimtester Weise über meine Order und Dateien hergemacht hatten. Dies hat mir mein Laptophändler bestätigt, mit dem ich in den letzten zwei Wochen eine schon ans Intime grenzende Beziehung aufzunehmen mich gezwungen sah.

Um eine lange Leidensgeschichte kurz zu machen: Diese (schurkischerweise auch noch anonymen) Viren haben mein Windows 95 gekillt. Herr B. vom Laden meines Vertrauens rettete meine Daten, installierte mir Windows 98, und alles schien, wie man so sagt, paletti. Ha! Da hatten wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und dieser Wirt ist in solchen Fällen nun einmal die Deutsche Telekom, in Sonderheit die ISDN-Abteilung, Hauptverwaltung Teledat USB 2a/b. Deren Hotline ist, das muss einmal gesagt werden, so ziemlich das Unwirtlichste, was es gibt, abgesehen vielleicht von den Blutabnahmestellen für Verkehrssünder in München. Die erfüllen vielleicht noch einen pädagogischen Zweck, wohingegen die Herren (und Damen) über die Universal-Box USB 2a/b – das ist laut Selbstlob die „intelligente Kombination aus Nebenstellenanlage und ISDN-Controller“ – sich der volkspädagogischen Verwirrung in Tateinheit mit Warteschleifenoverkill verschrieben haben.

Eine harte Konkurrenz für diese verwirrten Verwirrer ist die AOL-Hotline. Unglückseligerweise arbeiten diese beiden telefonischen Landplagen dergestalt zusammen, dass sie (zweifellos im Interesse der Deutschen Telekom) nicht zusammenarbeiten. Das führte dazu, dass ich etwa 10 Stunden mit der einen und 10 Stunden mit der anderen Hotline erfolglos telefonierte. (Macht 1.200 Minuten x 24 Pfennig = 288 DM für Ron Sommer.) Hätte nicht meine liebe Freundin A. auf meinem Geburtstagsfest drei Stunden damit verbracht, das Problem systematisch einzugrenzen (es war die Universal-Box!), ich hätte mich gewiss am teuflischen USB-Kabel erhängt. Davor hatte mein armer Händler auf kleckerweises Anraten der jeweiligen Supporter wieder und wieder neue Treiber geladen, Biossysteme verändert und was nicht alles. 10 Tage war ich nur damit beschäftigt, zu installieren und zu deinstallieren. Es war die Hölle. Und es half nichts. Windows 98 und das USB-Kabel arbeiteten nicht zusammen – was Microsoft übrigens seit einem Jahr weiß, wie mir nach 9 (!) Tagen ein Hotliner verriet. Der angeblich Abhilfe schaffende Download aus dem Internet brachte natürlich auch keine Lösung.

Auf A.s Anraten installierte ich wieder das gute alte serielle Kabel mit dem süßen neunpoligen Sub-D-Stecker. Für die ISDN-Verbindung half das auch nichts. Aber wie durch ein Wunder funktionierte plötzlich (nach erneutem De- und Neuinstallieren der ISDN-Treibersoftware) wenigstens das alte analoge Modem wieder. Ich schickte mich in mein Analogschicksal, was mir sehr leicht fiel, da ich nach diesen zwei Wochen mit ISDN sowieso fertig war. Auf ewig und drei Tage. Als ich nach drei Tagen in einer dieser masochistischen Anwandlungen einfach mal so – ohne irgendeine Hotline zu konsultieren – meine ISDN-Verbindung probierte, lief sie reibungs- und fehlerlos. Frage mich keiner, wieso. Aber ich bin in diesem Kampf um ein Jahr gealtert. Das verzeih ich denen nie.

THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com

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