: Kontrolle inklusive
Unser Reisetipp: Sonne in der Karibik. Die Isla Margarita ist etwas für Faulenzer und Sicherheitsfanatiker
Am feinen Sandstrand bräunen oder unter Kokospalmen dösen, mit den Wellen hüpfen oder auf der Banane tanzen, einen Margarita-Cocktail an der Poolbar nippen oder sich den Bauch am Büfett vollschlagen. Einfach den wohlverdienten Urlaub genießen – alles inklusive. In der Karibik, mithin im Paradies, muss Freiheit grenzenlos sein.
Unsere Vier-Sterne-Anlage ist in deutscher Hand: Der Hotelmanager stammt aus Bayern, die Gäste kommen von der Schwäbischen Alb und aus der norddeutschen Tiefebene. Im Fernsehen flimmert die Deutsche Welle. Und Rostbratwürste fehlen auch nicht im Angebot. Wir sind auf Isla Margarita, einer Karibikinsel mit Freihandelszone vor der Küste Venezuelas.
„Handtuch-Kontrollkarte“ steht schwarz auf dem weißen Pappkarton, den wir bei der Ankunft an der Rezeption erhalten. Mit der „Handtuch-Kontrollkarte“ begeben wir uns sogleich zur Handtuch-Ausgabestation und bekommen im Tausch ein Badehandtuch. Bei näherer Inaugenscheinnahme ein Zwei-Sterne- Körperabreibelappen. Zum Mitdenken: Während des Aufenthalts haben wir stets eines von beiden, entweder die „Handtuch-Kontrollkarte“ oder das Badehandtuch. Der etwaige Verlust der kostbaren Kontrollkarte, so lesen wir auf der Rückseite, würde spätestens am Abreisetag drastisch bestraft: 15 US- Dollar, das sind bei der aktuellen Euro-Klatsche runde 35 Mark. Nicht genug damit: Schilder verbieten, dass wir die wertvollen Tücher zum Reservieren von Liegestühlen am Pool oder Strand benutzen– wie es allerorten in den Touristenhochburgen von Mallorca bis Antalya geschieht.
Der erste Urlaubsmorgen. „Wie viel Uhr ist es?“, fragt der rüstige Frühaufsteher beim Wachwerden im Pool. „Zehn vor sieben.“ „Dann machen sie ja gleich auf!“, frohlockt er. „Was denn?“ „Na da, das Törchen zum Strand!“ Er zeigt auf den nahen Zaun. Wir reiben uns schlaftrunken die Augen. „Von 7 bis 20 Uhr geöffnet“, bedeutet das Schild am hohen Maschendrahtzaun, der die Hotelanlage vom Karibikstrand trennt. Wir haben erst drei vor sieben, das Tor zur Karibik ist noch mit einem Schloss verrammelt. Draußen vor der Tür, zum Greifen nah, brechen sich die Wellen. Der kontrollierte Ein- und Ausgang zwischen Strand und Anlage sei reine Vorsichtsmaßnahme zum Schutz der Gäste, versichert uns der Hotelmanager später. Sonst könnten ja nächtens obskure Gestalten eindringen ... Da fliegt man geschlagene neun Stunden und 9.000 Kilometer weit. Und die Karibik macht einfach 11 Stunden lang die Schotten dicht. Ein spontanes abendliches Tête-à-tête unterm Sternenhimmel am Strand – ausgeschlossen. Wir müssen drinnen bleiben. Alles inklusive!
Um sieben Uhr, pünktlich auf die Minute, macht der venezolanische Zaunwart das Tor zum Strand schließlich auf. Unser Frühaufsteher eilt hindurch, stellt eine Liege unter das erstbeste Palmendach und hängt routiniert sein riesiges Badehandtuch darüber. Alles unter Kontrolle. GÜNTER ERMLICH
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