BUSHS KABINETT IST KOMPLETT: DIE MINISTER SIND ERFAHREN – LEIDER: Eine Regierung der Trickser
Wenn die US-Amerikaner tatsächlich mehrheitlich George W. Bush zum Präsidenten gewählt hätten, dann wäre jetzt der alte Spruch fällig vom Volk, das die Regierung bekommt, die es verdient. Nur: Haben sie ja gar nicht. Jetzt ist Bushs Kabinett komplett – und alle baden aus, was die Obersten Bundesrichter gewollt haben. Und so hartnäckig Bush darum kämpfte, von den Gerichten unverdient den Wahlsieg zugesprochen zu bekommen, so geradlinig lassen die Nominierungen den Willen erkennen, sein Programm durchzusetzen. Von überparteilicher Zusammenarbeit ist da trotz Transportminister Norman Mineta keine Rede mehr, und der „Geist der Versöhnung“ dürfte allenfalls in der Antrittsrede vom 20. Januar kurz aufscheinen.
Das Kabinett Bush ist einzigartig in seiner ethnischen Vielfalt, hat mehr Frauen und Schwarze, einen arabischstämmigen Minister, einen japanischstämmigen Demokraten. Doch was wie ein Fortschritt aussehen könnte, wird in der praktischen Politik keine Rolle spielen. Es schmückt zwar werbewirksam, die Minderheiten so breit zu vertreten. Aber die Hauptaufgabe des Kabinetts ist eine andere: Alle Minister eint, dass sie über etwas verfügen, was ihrem Chef völlig fehlt – die Erfahrung, wie sich in Washington politische Vorhaben umsetzen lassen. Genau dieses Wissen braucht Bush aber angesichts der knappen Mehrheiten, die bei den nächsten Kongresswahlen in zwei Jahren ohnehin kippen dürften. Der versammelte reiche Erfahrungsschatz spricht nicht nur dafür, dass Bush persönlich ein eher schwacher Präsident wird. Sie signalisiert auch seinen unbedingten Durchsetzungswillen: Wozu bräuchte man erfahrene Trickser, wenn man nicht tricksen will?
Inhaltlich vereinen die Schlüsselfiguren der Bush-Mannschaft alle schlechten Eigenschaften, die von der Mogelpackung „compassionate conservatism“ erwartet werden mussten – von der radikalen Gegnerschaft zur Abtreibung (Justizminister John Ashcroft) über die Ablehnung der Förderung ethnischer Minderheiten (Arbeitsministerin Linda Chavez), den strikten Willen, in Naturschutzgebieten nach Öl zu bohren, ohne den Energieverbrauch zu senken (Energieminister Spencer Abraham), die Ablehnung nationaler Umweltgesetzgebung (Innenministerin Gale A. Norton) bis zum Festhalten an dem unsinnigen Raketenabwehrprogramm (Verteidigungsminister Henry Rumsfeld).
Auch mit diesen Leuten wird die Welt irgendwie leben, und die meisten US-Amerikaner scheinen nach dem Wahltheater froh zu sein, überhaupt regiert zu werden. Aber verdient haben sie das eigentlich nicht. BERND PICKERT
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