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I did it my way

Die Technik des abseitigen Beobachtens: Thomas Schadts Filme über Gerhard Schröder und James Last im Babylon

Jetzt ist es also fast fertig, das neue alte Babylon-Kino in Mitte. Durch einen Hintereingang gelangt man in das neue, relativ kleine Studiokino. Dabei ergeben sich neue Möglichkeiten. Bis Ende des Monats wird das Babylon nämlich an einigen Abenden zum verlängerten Wohnzimmer mit Glotze: Mit TV-Features des Regisseurs Thomas Schadt, der einigen ARD-Zuschauern bekannt sein dürfte durch seine häufig gelobte Reportage über Schröders Wahlkampftour: „Der Kandidat“.

Schadt musste sich vorher per Vertrag einverstanden erklären, die Bilder auf keinen Fall vor Schließung der Wahllokale zu zeigen. Tatsächlich sah man Schröder vorher und nachher nie wieder aus einer solchen Perspektive. Wie Schröder mit den Medien spielte und jeden Mikrofonträger mit der von ihm abgeschätzten Reichweite und Wichtigkeit des Mediums behandelte, das hatte was Arrogant-Berechnendes. Reporter von Provinzradios bekamen nicht mal eine Minute, bei RTL schwafelte er sich aus. Floskeln fielen vom Himmel wie sonst in Hannover der Nieselregen.

Die neue Produktion von Schadt über den Mann, der gewann, heißt „Kanzlerbilder – Szenen vom großen und kleinen Theater der Politik“. Fünfzig Drehtage schleppte Schadt sein Ton- und Kamerateam an so ziemlich jeden Ort der Welt: Okinawa, Baltikum, New York und natürlich auch Ostdeutschland, wo Schröder seine schon legendäre Promotiontour absolvierte. Wieder hat Schadt am liebsten das Rotlicht an, wenn die anderen ihre Scheinwerfer ausgeknipst haben und Schröder sich den Wichtig-Nachdenklich-Blick wie Schminke abwischt: „Hol mir mal `n Bier!“.

Die Technik des abseitigen Beobachtens hat Schadt auch schon auf einen ganz anderen Weltbürger angewandt. Der ist schon viel länger im Showgeschäft und hat viel mehr Platten verkauft: „My Way – James Last“ heißt die Reportage von 1999. Der gebürtige Bremer James Last, im Film nennen ihn die meisten nur Hansi – ob er wirklich Last heißt, erfahren wir leider nicht –, ist der Horror jedes Schallplattenhändlers, der einen Nachlass ausmistet. In kreativen Jahren hat Last bis zu 15 LPs rausgehauen. Sein Gesamtwerk ist unübersichtlich – auch er selbst, der inzwischen meist in Palm Beach, Florida, lebt, weiß wohl nur, dass er weltweit über 80 Millionen Tonträger verkauft hat. Schadt hat tolles Material aus der Frühzeit von Hansi aufgetrieben, als dieser noch wie ein angespießerter, langhaariger Hippie aussah. (Seine Schlangenlederjacke ist der Hit!). Vor allem aus England zeigt Schadt Last-Fans, die dessen schmalziges Bläsergesäusel total funky finden. Ehepaare, die seit Jahren durch halb Europa reisen und möglichst kein Konzert verpassen – Deadheads waren Waisenknaben dagegen.

Hansi ist für alles offen: Er rappt mit Fettes Brot, die ihn, wie viele Jüngere, cool finden. Wir sehen den Bandleader Golf spielen mit seinem kompletten Orchester, und einmal, bei einem offiziellen Anlass, beginnt er sogar öffentlich zu heulen. Schadt vermeidet auch bei Last Off-Kommentare. Das verhindert manchmal ein wenig das Verständnis. Die jüngere Frau in seiner Villa war jedenfalls doch nicht seine Tochter. ANDREAS BECKER

Filme von Thomas Schadt, vom 23. 1. bis 31. 1. (heute ab 19 Uhr „Experiment Stadt“), im Babylon Mitte, Rosa-Luxemburg-Str. 30, Mitte

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