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Business ganz wireless

■ Die Bremer High-Tech-Scene trifft sich per SMS-Einladung allmonatlich zum Kartentausch und small talk / Pflichtthema: Die Zukunft des mobile computing

Seattle, Thames Valley, Miami, Kuala Lumpur – 20 Orte rund um die Welt waren dabei und Bremen war dabei, als am Mittwochabend der „First Tuesday“ in diesem Monat als „Wireless Wednesday“ begangen wurde. Gut 300 Interessierte und Fachleute, Unternehmer und IT-Spezialisten hatten sich angemeldet und bekamen den Ort – wie bei einer modernen Schnitzeljagd – per SMS kurzfristig mitgeteilt: Die repräsentative Bremen-Halle im Flughafen sollte es diesmal sein.

Nicht nur angemeldet muss man sein, um dazugehören zu können, sondern auch mindestens 13 Visitenkarten dabei haben, denn beim „First Tuesday“ geht es um Kontakte und Connections, auch wenn die roten Punkte, die Geldgeber, in der Minderzahl sind.

Das Gesprächs-Thema allerdings war festgelegt: „mobile business“. Heute schon gibt es 700 Millionen Handys auf der Welt bei nur 400 Millionen Internet-Festanschlüsse an PCs, meinte Lutz Finger von Ericsson. Schon mit dem Übertragungsstandard GPRS wird man „allways on“ sein, das bedeutet: Während in der Computer-Steinzeit noch pro Minute das „ich bin drin“ bezahlt wurde, wird man mit GPRS den ganzen Tag „am Netz“ sein. Abgerechnet werden übertragene Datenpakete. Die permanente Kommunikation wird zur Selbstverständlichkeit. Bezahlt wird dann nur noch „mobile“ per Handy-Scheckkarte. Auch die Kinotips kommen per Handy. Und über „WAP“ wird man dann lächeln wie heute über die fünf Kilo schweren C-Netz Auto-Radios, auf die die Manager 1991 so stolz waren.

Für das Internet hat der professionelle Ausbau erst vor fünf Jahren begonnen, erinnerte Evygo-Geschäftsführer Lutz Binder. Unvorstellbar, wie rasant sich die mobilen Nutzungen in den nächsten zehn Jahren entwickeln werden. Die 100 Milliarden für die UMTS-Frequenzen (Binder: „Das ist die Abkürung von Unerwartete Mehreinnahmen zur Tilgung der Staatsschulden“) müssen wieder verdient werden, das erhöht nur den Druck, Geschäfte zu machen mit UMTS. Wobei der überraschende SMS-Boom nur das Staunen lehrt: „Wir wissen nicht genau, was kommen wird“ (Finger, Ericsson), aber es wird kommen, ganz schnell und mit ganz vielen Nullen. Derzeit geben die Polizisten in Rheinland-Pfalz ihr Fahrtenbuch mit demWAP-Standard durch. Wenn heute jeder Handy-Benutzer nur einen Dollar Umsatz pro Tag per Handy machen würde, wären das schon 700 Millionen Dollar. Pro Tag.

Aber nicht nur um das mobile Geschäft geht es. „Der Rechner muss sich dem Menschen anpassen“, erklärte Michael Boronowsky vom TZI. Am Technologie-Informations-Zentrum der Bremer Uni wird an „wearable computing“ gearbeitet. Der Computer hängt wie ein Walkman am Gürtel, per Headset wird kommuniziert, ein kleiner Bildschirm ist an der Brille befestigt. So etwa muss man sich den Fachmann der Zukunft vorstellen. Die Raumfahrt-Firma Astrium führte am Model den „Cyber Companion“ vor: 933-MHz-Computer im drei Kilo schweren Rucksack, der Daten-Helm ist „allways on“ und überträgt dem Rechner nicht nur die Position und Blickrichtung des Menschen, sondern auch das Bild, das der Mensch sieht. Der Computer funktioniert wie ein „Assistent“, er redet, 2.000 Worte hat er im Wortschatz.

Noch mehr Anwendungen? Wenn ich ein Haus bauen will, spielt man ein 3-D-Modell auf die Datenbrille und kann, wenn ich durch den Matsch des Bauplatzes laufe, das virtuell „fertige Haus“ umrunden. Schlappe 25 „Teuro“ kostet das Spielzeug heute – „Teuro“ steht für „tausend Euro“.

Von Microsoft, das gerade mit dem Land Verträge macht, war übrigens nichts zu sehen bei dem „Wireless Wednesday“. Die „proprietären“ Standards interessieren in der IT-Scene niemanden. K.W.

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