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Bloß keine bösen Worte im Ländle des Lächelns

In Baden-Württemberg stößt die plakative Rentenaktion-Aktion der Bundes-CDU auf geballten Unmut. Hier ist Wahlkampf und die Mehrheit immerhin noch sicher

BERLIN taz ■ Den baden-württembergischen CDU-Generalsekretär Volker Kauder muss das hart angekommen sein. Er reagierte am Mittwoch ausgesprochen unwirsch. Das Plakat der Bundespartei gegen die Rentenreform kam ungelegen: „Wir haben gute Argumente, solche Plakate brauchen wir nicht.“ Auch ohne dies klang da Verärgerung mit. Der Stuttgarter Umweltminister Ulrich Müller (CDU) nannte die Fahndungsfotos von Bundeskanzler Schröder gar „geschmacklos“.

Am 25. März wird der Landtag in Baden-Württemberg neu gewählt. Spitzenkandidat ist wiederum der zwar trockene, aber als grundsolide bekannte amtierende Ministerpräsident Erwin Teufel (61), der gerade Anfang der Woche sein zehnjähriges Dienstjubiläum als Landesvater gefeiert hatte. Provozierende Plakate passen da nicht ins Konzept. Eine späte Einsicht, denn Teufel kannte die Bilder bereits seit mehr als einer Woche. Für die CDU im Südwesten wirbt bisher unter anderem ein freundlicher, aus den Parteibuchstaben zusammengesetzter Smiley.

Immer nur Lächeln also. Das ist auch nötig, obwohl laut Umfragen wieder mit einer CDU-Mehrheit zu rechnen sein wird. Teufels Image ist angeschlagen – vor allem durch den Widerstand gegen seine Kandidatur in der eigenen Partei. Er war 1991 als Nachfolger des gescheiterten Lothar Späth triumphal mit fünf Stimmen aus der Opposition zum Chef der CDU-Regierung gewählt worden. Ab 1992 regierte er mit einer großen Koalition. Und seit 1996 steht er als Person zur Disposition. Die neue CDU-FDP-Koalition verweigerte ihm im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Potenzielle Nachfolger stehen seither in den Startlöchern, um „den Alten“ abzulösen. Teufel verlor Macht sowohl in der Berliner wie auch in der Stuttgarter Parteiführung. Zeitweilig schien die Südwest-CDU durch Personalquerelen und Nachfolgestreits fast paralysiert.

Die starke, streng konservative Südschiene der unionsregierten Länder ist geschwächt. In Bayern geriet Edmund Stoiber immer wieder unter Beschuss, zuletzt wegen der BSE-Krise; in Hessen ist Hoffnungsträger Roland Koch durch die CDU-Spendenaffäre schwer angeschlagen. Teufels Nachfolge ist nach wie vor ungeklärt. Ob er noch einmal eine volle Amtszeit von fünf Jahren durchstehen wird, ist umstritten.

Im Ländle wird viel darüber spekuliert, wann er denn endlich gehen könnte: 2002 etwa, wenn Baden-Württemberg sein 50-jähriges Bestehen feiert? 2004 zu seinem eigenen 65. Geburtstag? Sein Favorit, Staatsminister Christoph Palmer, ist vorerst parteiintern aus dem Rennen geschlagen, nachdem er unter Verdacht geraten war, seinen Ziehvater vor der Zeit stürzen zu wollen. Auch Kultusministerin Annette Schavan und Innenminister Thomas Schäuble stehen schon bereit. Am vehementesten aber drängt derzeit der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Günther Oettinger, ins Amt.

Nicht nur die Nachfolge Teufels ist ungeregelt, auch die Aussagen zur Koalition sorgten in den vergangenen Monaten für Irritation. Gedankenspiele grüner Politiker über eine schwarz-gelb- grüne Ampelkoalition fanden in den eigenen Reihen durchaus Anklang und wurden erst von Generalsekretär Kauder im Januar rigoros gestoppt: Der „Schwachsinn“ sei „sofort zu beenden“, erklärte er. Das richtete sich auch an die Berliner Adresse von Generalsekretär Laurenz Meyer, der noch Mitte Dezember vergangenen Jahres eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht gänzlich ausgeschlossen hatte. Solche Wahlkampfhilfe kam ebenso ungelegen wie jetzt die Plakataktion.

Auch ein weiterer Einsatz wird unterbleiben: Fraktionschef Oettinger hatte sich, vermutlich zum Unmut Teufels, gegen Wahlkampfhilfe durch Altkanzler Kohl ausgesprochen. CDU-Chefin Angela Merkel, als Vorsitzende der Bundespartei von der Südschiene nicht gerade stürmisch begrüßt, hat im Wahlkampf acht Auftritte im Ländle zugesagt.

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