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„Hier werden Millionen in den Sand gesetzt“

■ Weder Metro noch Edeka wollten zum Überseehafen zum neuen Großmarkt ziehen. Nun will der Senat 25 Millionen bezahlen, damit der Fegro-Markt anbeißt

Ein „Frischezentrum“ sollte entstehen beim Großmarkt, dafür musste der Überseehafen zugeschüttet werden. Attraktiv würde das Ganze vor allem, wenn ein großer Cash&Carry-Markt (C&C) dazu kommt, bei dem Einzelhändler alles für ihre Läden einkaufen können.

Aber die Metro, in Bremen die erste Adresse für derartige Geschäfte ist, winkte ab: Die Metro will nicht mit ziehen ins Überseehafen-Gebiet, sondern investiert am alten Standort an der Neuenlander Straße in der Nähe des alten Großmarktes.

Der Edeka-Cash&Carry-Markt wäre eine zweite Chance gewesen. Da das Edeka-Zentrallager vom Arster Damm in Bremen weggeht und bei Wiefelstede zentralisiert wird, suchte Edeka für seinen Einzelhändler-C&C-Markt in Arsten auch einen neuen Standort. Wenn der Großmarkt in die Hemelinger Marsch umgesiedelt worden wäre, sagt Paul Helling, der Geschäftsführer der Edeka-Handelsgesellschaft Nordwest, „dann hätten wir unseren C&C-Markt auch dorthin verlagert“. Aber Überseehafen? „Nicht kundengerecht“, winkt der Edeka-Chef Norddeutschlands ab. Der Standort Hemelinger Marsch sei in dem Gutachten empfohlen worden, „der Senat hat leider nicht so entschieden“. Der neue Edeka-C&C-Markt wird gerade in Dreye-Weyhe gebaut, wenige hundert Meter vor der Landesgrenze. Das Grundstück am Arster Damm steht zum Verkauf.

Und dann gibt es einen dritten Player, den Fegro-Konzern mit 3,5 Milliarden Mark Umsatz. Fegro ist bisher in Bremen nicht vertreten und hat bei Edeka den Kauf des Grundstückes unterschrieben, eine Baugenehmigung ist beantragt und erteilt: Fegro will das alte Edeka-Zentrallager in einen großen C&C-Markt umbauen und den alten Edeka-C&C-Markt abreißen, um Parkplätze zu gewinnen. Edeka-Geschäftsführer Helling geht davon aus, dass Fegro kommt.

Der Vorsitzende der Fegro-Geschäftsführung, Rüdiger Strein, war zufrieden mit dem Standort und hat nur deswegen unterschrieben. Aber der Wirtschaftssenator will das nicht. Denn das würde bedeuten, dass es kaum noch eine Chance für einen C&C-Markt beim geplanten neuen Großmarkt gibt. „Zwei Märkte machen wir in Bremen nicht“, sagt Fegro-Chef Strein. Wenn der Wirtschaftssenator ihn auf der Überseehafen-Brache haben will, muss er ihn aus dem Edeka-Vertrag herauskaufen. 25 Millionen Mark kostet das, und wenn für die Lebensmittel-Lagerhallen keine adäquate Verwendung gefunden wird, dann müsste der Senat das Gebäude, das er teuer gekauft hat, dann noch abreißen lassen.

Die Wirtschaftsbehörde sei sehr bemüht, Investoren wie der Fegro den Weg zu ebnen für die Ansiedlung im Überseehafen-Gebiet, sagt der Fegro-Chef. Entschieden sei aber noch nichts.

Wenn die Stadtgemeinde Bremen das Edeka-Zentrallager aufkauft, hat sie gleich daneben ein weiteres Problem. Denn da steht das Edeka-Kühllager. Die Edeka-Geschäftsführung hatte planerisch prüfen lassen, wie teuer es ist, das Kühllager abzureißen, um „tabula rasa“ zu machen – Einfamilienhäuser, Büros könnten entstehen. Aber die teuren Kühlaggregate sind noch nicht abgeschrieben, die Stadt hätte die Umnutzung finanzieren müssen. Die Stadt wollte nicht – „schade“, sagt Edeka-Chef Helling. Nun bietet er die fertigen Kühlhallen auf dem Markt an. Aber: Jeder, der die fertigen Anlagen nutzt, wird im geplanten „Frischezentrum“ beim Überseehafen fehlen.

„Das ist bremische Sanierungspolitik: die Millionen werden in den Sand gesetzt“, spottet die grüne Wirtschaftspolitikerin Helga Trüpel. „Einer teuren Fehlentscheidung – Umsiedlung des Großmarktes in die alten Hafenreviere – wird viel Geld hinterhergeschmissen, damit der Fehler nicht öffentlich sichtbar wird.“ K.W.

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