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Selbstbilder in einer Stripbar

■ Im Sommer wird das „Theater Wrede“ heimatlos. Trotzdem produziert die Oldenburger Bühne weiter: „Tiefseefische“

Das Oldenburger „Theater Wrede“ für Kinder und Jugendliche hat bald kein Dach mehr über dem Kopf. Der Kompagnon in der „Fabrik Rosenstraße“, das „Widu-Theater“, hat sich ein eigenes Haus gesucht, weil der scheidende Kulturdezernent Ekkehard Seeber die „Fabrik“ nicht für Theater erhalten will. Bis zum Sommer produziert Winfried Wrede noch an alter Stelle drei Stücke. Vor der heutigen Premiere von „Tiefseefische“ in der Regie von Gudrun Lelek fragten wir nach der Zukunft des Theaters.

taz: Wie geht's ab Sommer weiter?

Winfried Wrede: Was wir brauchen, ist ein neues Haus. Eine zehn mal zehn Meter Bühne, denn unser Konzept ist Theater der Nähe. Das Land hat seine Unterstützung zugesagt, und wir sind mit dem neuen Intendanten des Staatstheaters, Reiner Mennicken, im Gespräch wegen eines Nutzungskonzeptes als Kinder- und Jugendtheaterzentrum. Also kommt es auf die Stadt an. Die Verwaltung hat Hilfe signalisiert. Da verlasse ich mich drauf. Denn Jugendliche sind besser als ihr Ruf. Die haben Lust auf Theater, man muss aber etwas dafür tun.

Was ist das Thema des neuen Stückes?

Gudrun Lelek: Es geht darum, Einsamkeiten zu überwinden. Diese Jugendlichen wollen gesehen werden, wollen jemand sein und stellen doch fest, dass es im Fernsehen und überall schon total überfüllt ist. Da ist für sie kein Platz.

Und vor lauter Möglichkeiten weiß keiner mehr wo es lang geht?

Wrede: Ein Mädchen sitzt daher konsequent im Schrank, weil sie sich ihre Einsamkeit nicht wegreden lassen will. Ihren Haltepunkt. Da ist dann noch Mike, der kauft sich 'ne Fender, um Rockstar zu sein. Seine Freundin arbeitet, um beide durchzuziehen – in einer Stripbar, um auch im Rampenlicht zu stehen. Es geht auch um Freundschaft: Will ich, dass der andere mir nur applaudiert? Und es geht um Verantwortung.

Mit welchen Mitteln arbeiten Sie?

Wrede: Die Sprache ist sehr gerade heraus, gar nicht moralisierend. Es gibt viel schwarzen Humor. Außerdem arbeiten wir wieder mit Jürgen Salzmann aus Berlin zusammen, der macht die Videoinstallation. Denn es geht ja auch um die Selbstbilder, sich zu produzieren. Die Jugendlichen filmen sich im Stück selber und kommunizieren miteinander über dieses Bild. Das passiert dann mit Live-Kameras und mit perspektivischen Verzerrungen.

Lelek: Die Szenen sind wie Filmanschnitte. Es gibt keine Chronologie. Fragen: Marijke Gerwin

Premiere „Tiefseefische“ heute, Freitag, um 20 Uhr in der Fabrik Rosenstraße, Oldenburg. Kontakt Tel.: 0441/95 72 022

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