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Der Hüter der Gesetze

Der türkische Präsident Ahmet Necdet Sezer setzt sich wegen seiner Unbeugsamkeit in die Nesseln

von ANTJE BAUER

Als Ahmed Necdet Sezer im Mai 2000 zum Staatspräsidenten der Türkei gewählt wurde, war er ein fast unbekannter Mann. Während die einen darauf hofften, den Politikneuling für ihre Intereressen instrumentalisieren zu können, machten sich die anderen Hoffnungen, der trockene Jurist werde sich für den Rechtsstaat in der Türkei einsetzen.

Obwohl der Staatspräsident auch in der Türkei eher protokolarische Funktionen hat, ist der zurückhaltende Sezer seit seinem Amtsantritt immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Denn er hat die in ihn gesetzten Erwartungen in puncto Rechtsstaatlichkeit erfüllt, die in puncto Manipulierbarkeit hingegen enttäuscht. Und nicht selten war es gerade die Regierungskoalition, die ihn als Kandidaten aufgestellt hatte, die sich über den sturen Juristen ärgern musste.

Den Konflikten, die er auslöste, ist eines gemein: Sezer widersetzt sich hartnäckig allen Versuchen, das Gesetz durch Gefälligkeiten, Privilegien, politische Dekrete und Vorteilsannahme zu unterlaufen. In gewisser Weise wandelt der Jurist auf den Spuren des italienischen Untersuchungsrichters Antonio Di Pietro und seines spanischen Kollegen Baltasar Garzón, die sich durch ihre Ermittlungen schnell viele hochrangige Feinde machten.

So weigerte sich Sezer im vergangenen Sommer, ein Regierungsdekret zu unterzeichnen, das die Entfernung angeblicher Islamisten aus dem Staatsdienst vorsah – und brachte damit nicht nur Regierungschef Bülent Ecevit in Schwierigkeiten, sondern versetzte auch das Militär in Rage, das hinter dem Dekret stand. Sympathien mit den Islamisten sind dem Kemalisten Sezer dabei sicher nicht nachzusagen: Als Vorsitzender des Verfassungsgerichts war er maßgeblich am Verbot der islamistischen Wohlfahrtspartei Refah beteiligt.

Sezer hat sich die längste Zeit seines Lebens um Politik nicht geschert. 1941 im inneranatolischen Afyon geboren, hatte er 1962 das Jurastudium in Ankara abgeschlossen. 1988 wurde er vom Putschgeneral Kenan Evren zum Richter am Verfassungsgericht bestellt, 1998 stieg er zum Vorsitzenden dieses Gerichts auf. Der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn lebt mit seiner Frau ein unauffälliges Leben – ein großer Kontrast zu seinem Vorgänger, dem schillernden Politdinosuarier Süleyman Demirel. Die türkische Öffentlichkeit dankt es ihm. Seit seinem Streit mit Regierungschef Bülent Ecevit kann er laut türkische Presse auf die Sympathie von 90 Prozent der Bevölkerung rechnen. Mehr als die Militärs. Das soll ihm erst mal einer nachmachen.

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