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■ Das Alstertal Magazin diffamiert Obdachlosen als Penner und Schwein

„Es muss für jedes Presseorgan eine Selbstverständlichkeit sein, Menschen nicht zu diffamieren“, findet Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter beim Hamburger Straßenmagazin Hinz & Kunzt. Für das Alstertal Magazin ist es keine Selbstverständlichkeit. Es titelt in diesem Monat: „Das größte Schwein des Alstertals“, und meint damit einen Obdachlosen. In dem Artikel über den psychisch kranken Mann wird sogar von einem „Schwein in Menschengestalt“ geschrieben. Hinz & Kunzt hat daher jetzt den Presserat angerufen: Der solle das Alstertal Magazin rügen.

Das Magazin, das in einer Auflage von 40.000 Exemplaren in den feineren Hamburger Stadtteilen im Norden von Klein Borstel bis Wellingsbüttel erscheint, hatte über den 52-jährigen Mann berichtet, der seit Monaten im Hummelsbütteler Naturschutzgebiet lebt. Der Schreiber des Monatsblattes, Matthias Koltermann, prangert in seinem Artikel vor allem die „Müllberge“ an, die der Mann in seiner unmittelbaren Umgebung angesammelt habe. In seinem Text wird der Obdachlose fast durchgehend als „Streuner“ und „Penner“ bezeichnet, seine Umgebung als „abscheuliche Müllkippe“, die man „nur mit Ekel betrachten kann“. Wobei sich der Schreiber auf ein Zitat des Hamburger Amtsrichters Krispien beruft, der den Obdachlosen während einer Gerichtsverhandlung als „größtes Schwein im Alstertal“ bezeichnet habe.

Hinz & Kunzt ist entsetzt. „Durch diese Art der Berichterstattung wird dem Obdachlosen sein Menschsein abgesprochen, und er wird regelrecht zum Freiwild abgestempelt“, sagt Karrenbauer.

Der Verleger des Alstertal Magazins, Wolfgang E. Buss, gibt übrigens auch das Hamburger Life-style-Magazin Hamburg Spezial heraus. Dort lässt er über die Bedeutung erotischer Träume, Polosport und Porsche schreiben. Als das noble Hochglanz-Magazin im September des Vorjahres erstmals erschien, sagte Buss zur taz: „Themen über die sozialen Brennpunkte der Stadt haben wir nicht im Programm: Wir widmen uns den schönen Seiten des Lebens. Für die sozial Schwachen gibt es ja Hinz und Kunzt.“ Peter Ahrens

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