: Brücke in den Tod
Vermutlich 70 Menschen kommen ums Leben, als ein Reisebus und zwei Pkw im portugiesischen Dourofluss versinken. Ein Minister tritt zurück
von ANTJE BAUER
Der Ausflug von 67 Bewohnern der Stadt Castelo de Paiva, die in der nordportugiesischen Region Tras-os-Montes die Mandelblüte bewundert hatten, endete am Sonntagabend tödlich. Als ihr Reisebus zwischen den Orten Castelo de Paiva und Entre-os-Rios, 40 Kilometer nördlich von Porto, eine Brücke über den Douro befuhr, stürzte diese auf 80 Metern Länge ein. Der Bus sowie mindestens zwei weitere Fahrzeuge fielen aus 50 Metern Höhe in den Fluss. Ein Augenzeuge berichtete der BBC, die beiden Autos seien sofort in der Strömung untergegangen, wohingegen die Scheinwerfer des Busses noch lange zu sehen gewesen seien.
Über hundert Feuerwehrleute und Taucher begannen sofort mit der Suche nach Überlebenden. Flussabwärts wurden an verschiedenen Punkten Wachen aufgestellt, um vorbeitreibende Körper oder Fahrzeuge auszumachen, sofern sie an die Wasseroberfläche gelangten. Die Suche musste jedoch gegen Mitternacht auf Grund von Dunkelheit und schlechtem Wetter abgebrochen werden.
Während am Flussufer Angehörige der Unglücksopfer warteten, nahmen die Suchmannschaften gestern ihre Arbeit wieder auf. Die Schleusen eines flussaufwärts gelegenen Damms wurden geschlossen, um die Wassermengen zu verringern und damit die Bergungsarbeiten zu erleichtern. Die Suchmannschaften fanden zwei Tote, mit Überlebenden wurde nicht mehr gerechnet. Die Zahl der Verunglückten wurde auf 70 geschätzt – genaue Angaben waren noch nicht zu erhalten, da unbekannt ist, wie viele Insassen die Personenwagen hatten.
Wegen der massiven Regenfälle der letzten Tage führte der nordportugiesische Dourofluss Hochwasser, das möglicherweise den Pfeiler unterspült hat. Doch der Zustand der Brücke war schon vorher kritisch gewesen. Die 200 Meter lange Eisenbrücke über den Dourofluss war 1886 erbaut worden und nach Angaben des Bürgermeisters von Castelo de Paiva, Paulo Teixeira, seit längerem baufällig. Die nur knapp drei Meter breite Konstruktion, auf der keine zwei Lastwagen nebeneinander Platz fanden, wurde täglich von 1.600 Fahrzeugen überquert.
Teixeira erklärte gegenüber der portugiesischen Presse, er habe die Behörden seit drei Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die Brücke den einfachsten Sicherheitsstandards nicht genüge, doch sei nichts geschehen. Es habe nicht in seiner Macht gestanden, sie für den Verkehr zu sperren.
Der Minister für öffentliche Bauten, Jorge Coelho, erklärte am Montag, die öffentlichen Mittel für den Neubau einer Brücke seien bereits genehmigt gewesen. Dennoch übernahm er die politische Verantwortung für das größte Unglück in Portugals jüngerer Geschichte. „Ich glaube, dass ich nicht länger in meinem Amt bleiben kann“, sagte er und trat von seinem Ministerposten zurück. Ministerpräsident Antonio Guterres nahm den Rücktritt an, richtete eine Untersuchungskommission zu dem Unglück ein und rief zwei Trauertage aus.
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