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Ein Typ für Frauen

Ver.di-Chef Frank Bsirske leitet von nun an die größte Gewerkschaft der Welt

von B. DRIBBUSCH, A. ROGALLA und R. WILDNER

Die Sache mit Schlecker macht was her. Ein wirklicher Skandal war das, mit saumäßig bezahlten Verkäuferinnen, rausgeworfenen Gewerkschaftern, blockierten Betriebsratswahlen. Und dann das: Die Gewerkschaft HBV mobilisiert, Pfarrer und Künstler protestieren, die Umsätze gehen zurück. Fünf Monate später gibt es in der Drogeriekette Schlecker Betriebsräte. Eine echte Erfolgsgeschichte – Frank Bsirske erzählt sie schon zum zweiten Mal. Auf dem ÖTV-Kongress am Freitag hatte er sie auch schon einmal präsentiert. Bsirske weiß, was ankommt.

Frank Bsirske wurde gestern zum Chef der größten Gewerkschaft der Welt, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di), gewählt. „Größte Gewerkschaft der Welt“, drei Millionen Mitglieder, das hört sich bombastisch an – und stellt Bsirske vor allem vor die Aufgabe, geschickt zu taktieren. Er muss die Traditionalisten in den eigenen Reihen zufrieden stellen. Er soll nach außen als Modernisierer auftreten. Er tritt mit dem Chef der IG Metall, Klaus Zwickel, in eine politische Konkurrenz. Er muss drei Millionen Gewerkschaftsmitglieder aus unterschiedlichen Berufen ansprechen – und darunter sind die Hälfte Frauen.

Mit knapp 1,5 Millionen Frauen sei Ver.di eine „der ganz großen Frauenorganisationen der Welt“, so Bsirske. Im Bundesvorstand von Ver.di sind immerhin zu 40 Prozent Frauen vertreten. Im Verhältnis der Geschlechter sei „von Gleichstellung und gleichen Lebenschancen aber noch längst nicht zu reden“, sagte Bsirske. Ver.di habe sich daher verpflichtet, in allen Politikfeldern „mitzuüberlegen, was unsere Planungen und unser Handeln für Männer wie für Frauen bedeutet“.

Dass er dabei als Modernisierer angesehen werden will, machte Bsirske gestern in seiner Antrittsrede deutlich. Die Tarifpolitik solle den Menschen nichts vorschreiben, sondern ihnen ermöglichen, „so zu leben, wie sie das gerne möchten“, sagte er. Er sprach sich dabei für flexible Arbeitszeitregelungen aus, die sowohl den Zwölfstundentag eines Web-Designers zuließen, aber auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie berücksichtigten.

Die schlechte Bezahlung vieler Frauenberufe griff Bsirske gleichfalls als Thema auf. Schon in der nächsten anstehenden Lohnrunde für die Banken, Versicherungen und den Einzelhandel werde man die „Ver.di-Flagge zeigen“ und für eine „deutliche Erhöhung der Tarifentgelte“ streiten. Danach sprach er über die niedrigen Tarifgehälter von Friseurinnen und über die von Rationalisierung bedrohten Postbeschäftigten.

Bsirske machte deutlich, dass Ver.di nicht nur die traditionellen Beschäftigtengruppen vertreten soll. Ver.di müsse auch die Gewerkschaft der geringfügig und der befristet Beschäftigten sein, der Leiharbeiter und der Telearbeiterinnen, der Arbeitslosen und auch der Selbstständigen, sagte er. Ver.di werde, wie bisher die IG Medien, auch den Freiberuflern Rechts- und Steuerberatung bieten. Und eine Berufsorganisation solle Ver.di auch für freiberufliche Programmierer und Grafikerinnen, für Dolmetscher und Hebammen sein, betonte der Ver.di-Chef. Die Zusammenarbeit mit den anderen DGB-Gewerkschaften, darunter vor allem der IG Metall, will Bsirske „bündeln und verstärken“.

Auf dem Ver.di-Gründungskongress handelten die künftigen Gewerkschaftssekretäre von der IG Metall und von Ver.di bereits aus, wie man sich künftig die Arbeit mit den Beschäftigten in Callcentern aufteilen will.

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