: Sonnenscheinimage um jeden Preis
Die Wirtschaftsjournalistin Tatjana Meier hat zu Time-Sharing und dem Einstieg der TUI in dieses Marktsegment recherchiert. Ihre kritische Berichterstattung quittierte die TUI Deutschland mit Diffamierung und dem Ausschluss von Informationen
Interview EDITH KRESTA
taz: Sie haben sich bei der TUI mit ihrer kritischen Recherche zu Time-Sharing-Praktiken unbeliebt gemacht. Was für Reaktionen bekamen Sie konkret aus dem Hause TUI?
Tatjana Meier: Ich wurde aus dem Presseverteiler der TUI genommen mit der Begründung, dass ich die Interessen des Hauses nicht wahren würde. Und deswegen habe man sich entschieden, mir künftig keine Informationen mehr zukommen zu lassen.
Haben Sie das schriftlich?
Nein, das wurde mir von dem Pressesprecher der TUI Deutschland, Mario Köpers, am Telefon gesagt. Das Gespräch habe ich vor Zeugen aufgenommen; aufgrund vergangener Erfahrungen mit der TUI zeichne ich die Gespräche jetzt immer auf. Dann hat man mich von einer Pressekonferenz ausgeladen. Bis letzten Mittwoch waren Kollegen nach Gran Canaria eingeladen, um dort Neuigkeiten zum Thema Time-Sharing zu erfahren. Ich wurde ausgeladen mit dem Argument, man könne nicht davon ausgehen, dass ich im Sinne des Hauses berichten würde.
Die TUI wünscht also Hofberichterstattung?
Offensichtlich. Auf meine Nachfrage, ob die TUI eine solche Konferenz nicht nutzen wolle, um meiner Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen, wurde mir erklärt, das Haus gehe davon aus, dass ich auf der Konferenz Unruhe stiften werde.
Womit stiften Sie Unruhe?
Weil man weiß, dass ich gründlich und vor Ort über Time-Sharing recherchiert habe und kritisch nachfrage.
Gibt es eine Gegendarstellungsforderung der TUI zu Ihren Artikeln in der Frankfurter Rundschau und im Stern?
Ich habe bis heute keine Gegendarstellungsforderung der TUI bekommen, auch nicht die Zeitungen, für die ich arbeite. Meine Berichte sind einwandfrei recherchiert.
Die TUI geriert sich doch als sehr modernes Unternehmen, das mit allen Ökowassern und anderen Errungenschaften gewaschen ist?
Das mag wohl so gewesen sein. Wenn ich meinen Fall nehme, sind Kritik und Offenheit bei der Berichterstattung aber offenbar nicht erwünscht. In der Vergangenheit waren einige Reisekonzerne daran gewöhnt, dass man über sie stets positiv im Sinne des Verlautbarungsjournalismus berichtete. Sinn und Zweck vieler Pressereisen war und ist eine wunderbar eingepackte Promotion-Tour in ferne Destinationen und exotische Gebiete.
Ist der Reisejournalismus eine Hure?
Bislang habe ich so etwas in dem Maße noch nicht erlebt. Eine Erfahrung wie die mit der TUI ist mir neu. So wurde ich zum Beispiel auf einer Pressekonferenz der TUI im Herbst im Beisein von Kollegen vom Tisch gebeten und aufgefordert, aufgrund meiner kritischen Fragen den TUI-Vorstand um ein Gespräch zu bitten, im Interesse einer weiteren Zusammenarbeit.
Haben Sie sich denn entschuldigt?
Wie käme ich dazu?
Wie sind Sie mit den Anwürfen der TUI umgegangen?
Mittlerweile war ich beim Deutschen Journalistenverband beim Anwalt; weil ich erfahren habe, dass die TUI-Pressestelle Kollegen davon informiert hat, dass ich aus dem Verteiler geflogen bin, und dass sie öffentlich erklärt hat, ich berichte einseitig über Time-Sharing. Außerdem erklärte man mich für verrückt. Das ist Rufschädigung und behindert mich als freie Journalistin mit Schwerpunkt Touristik und Luftfahrt massiv in meiner Berufsausübung. Nun wird der Deutsche Journalistenverband juristische Schritte einleiten.
Die TUI spielt als mit den Muskeln als Marktriese?
Ja, das geht so weit, dass sie versuchen, Redaktionen zu beeinflussen, dass meine Berichte nicht gedruckt werden.
Warum steigt ein renommierter Veranstalter wie die TUI überhaupt in das Time-Sharing-Geschäft ein?
Diese Frage stellt sich die ganze Branche. Meiner Meinung nach ist die TUI wegen der Übernahme durch die Preussag, die börsennotiert ist, mittlerweile gezwungen, Geschäftsfelder aufzutun, in denen die Rendite wesentlich höher ist. Das Haus TUI hat selber bekannt gegeben, dass es beim Time-Sharing eine Rendite von 15 Prozent erwartet. Verbraucherschutzgemeinschaften betonen aber schon lange, dass man in diesem Segment so hohe Renditen nur mit fragwürdigen Methoden erwirtschaften kann. Die TUI hat sich mit einem Time-Sharing-Betrieb zusammengetan, der bis heute als unseriös gilt. Das hat der TUI Flecken auf der weißen Weste eingebracht. Davon muss sie sich nun reinwaschen.
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