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NachgelegtAtommüllentsorgung muss anders werden

■ Grüne Fraktionschefin, Rebecca Harms, in Niedersachsen: Gorleben ungeeignet

Hannover – Nach den Protes-ten gegen den jüngsten Castor- Transport nach Gorleben fordern die Grünen im Niedersächsischen Landtag ein völlig neues Konzept für die Atommüllent-sorgung. „Der Standort Gorleben ist politisch nicht durchsetzbar“, sagte die Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms am Dienstag in Hannover. „Man kann nicht alle halbe Jahre einen solchen Transport in einem belagerungszustandähnlichen Szenario durchführen.“ Wenn solche Ausnahmezustände die Voraussetzung seien, um an einem Standort festhalten zu können, sollte er aufgegeben werden.

Unterdessen bekräftigte der umweltpolitische Sprecher der Grünen- Bundestagsfraktion, Reinhard Loske, dass die Bundesregierung ihre Suche nach einem geologisch geeigneten Endlager für Atommüll ernst nimmt. „Nach dem, was wir heute wissen, ist Gorleben nicht als Endlager geeignet“, sagte Loske im DeutschlandRadio Berlin. Die Regierung habe mit der neuen Standortsuche den „als Erkundung getarnten Bau eines Endlagers“ in Gorleben gestoppt. Die Suche bedeute aber nicht, „dass wir Gorleben definitiv ausschließen“.

Harms kritisierte das vorhandene Entsorgungskonzept als „Entsorgungsflickwerk“ und sprach sich für Nachverhandlungen des Energiekonsenses in dieser Frage aus. Über die Anlage 4 – die Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes in Gorleben als Atomendlager – müsse nochmals gesprochen werden, auch mit den Energieversorgern. „Ich bin der Meinung, dass der Konsens als politisches Angebot an die Region Gorleben unbefriedigend ist. Ich glaube nicht an Neuverhandlungen. Ich glaube aber daran, dass bestimmte Probleme politisch so virulent werden, dass man sich damit auseinander setzen muss.“ Damit meine sie das Problem Gorleben.

Die Fraktionsvorsitzende rief ihre Partei in Niedersachsen zu Geschlossenheit in dieser Frage auf. „Wenn wir die niedersächsische Problematik schultern wollen, dann geht das nur mit einem einigen Landesverband.“ Sie gehe davon aus, dass es gelingen werde, die Einigkeit im Landesverband wieder herzustellen. „Alles andere halte ich für politischen Unsinn.“ Harms reagierte damit auf die konträren Positionen der beiden Landesvorsitzenden Renée Krebs und Heidi Tischmann zu der Frage, ob der ganze Energiekonsens wieder in Frage gestellt werden soll.

Fortschritte in der Atompolitik sind nach Harms Auffassung für die Grünen auch hinsichtlich ihrer Chancen bei der Bundestagswahl 2002 unabdingbar. Wenn die Grünen diese Wahl erfolgreich bestehen wollten, dann brauchten sie im „Schlüsselressort“, dem Umweltministerium, „vorzeigbare Erfolge“.

Die Fraktionsvorsitzende forderte Bundesinnenminister Otto Schily, Landesinnenminister Heiner Bartling und Landesjustizminister Christian Pfeiffer (alle SPD) sowie die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen zu Besuchen und Gesprächen im Wendland auf. Die von mehreren Innenministern befürwortete Überprüfung der Gemeinnützigkeit der Umweltverbände Greenpeace und Robin Wood bezeichnete sie als „ziemlich hilfloses Reagieren“ des Staates. dpa

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