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literaturDie bestuhlte Gesellschaft

Festgesetzt

Die „Betrachtung der bestuhlten Gesellschaft“ erweist sich als eine Geschichte der Disziplinierung, nicht nur für Prostituierte im 17. Jahrhundert, die auf einem Stuhl sitzend mittels eines „Wippgalgens“ ertränkt wurden. Als „melancholische Bilder des Festgesetztseins und Nichtvorankommens“ beschreibt der Herausgeber Hajo Eickhoff den sitzenden Menschen, der dafür auch noch orthopädische Schäden in Kauf nimmt. Die Bedeutung der Betstühle und Throne, die Sitzhaltung in der Wohnung und bei der Arbeit, schließlich der Stuhl selbst – die „Hauptsache Sitzen“ wird aufschlussreich und unterhaltsam beleuchtet.

„Sitzen. Eine Betrachtung der bestuhlten Gesellschaft“. Anabas-Verlag, Ffm,19,80 DM

Den Wandel der Formen von Stuhl und Sessel zeichnet Lydia Dewiel kursorisch nach. Neben den wichtigsten Fakten des Designs wird Geschichte im lockeren Plauderton referiert. Aufgrund des reichhaltigen Kenntnisse der Autorin entwickelt sich eine auch reich illustrierte Gestaltungsgeschichte.

Lydia L. Dewiel: „Stühle & Sessel“. Heyne Verlag, München, 48 DM

An Umfang ein nahezu enzyklopädisches Buch ist diese Auflistung der Sitzmöbel von 1800 bis in die Gegenwart. Mit knappen Kommentaren und einem Anhang mit Anschriften der Hersteller ein Muss für jeden, der sich mit der Sitzgelegenheit an seiner Tafel identifizieren will. Kaum ein Stück aus dem Who’s who des Designs fehlt. Kleinere Informationsmängel sieht man, wie auch beim vorhergehenden Buch, angesichts der Materialfülle gern nach.

Charlotte und Peter Fiell: „1000 Chairs“. Taschen Verlag, Köln, 39,95 DM

Elizabeth Wilhides Buch hingegen befriedigt nicht. Die 40 ausgewählten Klassiker sind sattsam bekannt, die Fotos wirken wie aus den Präsentationen der Hersteller gesampelt, von den gut geschriebenen Texten abgesehen.

Elizabeth Wilhide: „Wohnen mit Klassikern: Stühle“. Dumont, Köln, 24,90 DM

Die Spezies „Kragstuhl“ – als „Freischwinger“ geläufig – ist ein weiteres Feld als allgemein vermutet. Das Buch ist ein umfangreiches Konvolut an Zitaten der Entwerfer und ihren Zeichnungen zu den sich immer weiter verzweigenden Formen eines Klassikers – ob in Kunststoff, Holz oder Blech.

„Der Kragstuhl“. Hg. vom Stuhlmuseum Burg Beverungen, Verlag der Buchhandlung Walter König, 38 DM

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