: Pleite soll SPD sanieren
Für SPD-Chef Strieder ist der Fall Landowsky quasi abgehakt: Auch wenn dieser wie gefordert zurücktritt, könne die Koalition an der Haushaltskrise scheitern. Rücktrittsforderung auch aus der CDU
von ANDREAS SPANNBAUER
Die Sozialdemokraten drohen inzwischen auch im Fall eines Rücktrittes von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky mit einem Bruch der großen Koalition. Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder warnte am Samstag, er könne nicht ausschließen, „dass das Regierungsbündnis mit der CDU an der Sanierung des Landeshaushaltes scheitert“. Es stelle sich die Frage, „ob die Finanzen sozial und gerecht konsolidiert werden können“.
Die SPD rückt damit von ihrem bisherigen Kurs ab, den umstrittenen CDU-Fraktionschef in den Mittelpunkt ihrer Attacken auf den Koalitionspartner zu stellen. Auf ihrem Parteitag am Samstag verabschiedeten die Sozialdemokraten zwar einstimmig eine Erklärung, in der sie der CDU einen Ausstieg aus der Koalition ankündigen, falls diese ihren Fraktionsvorsitzenden nicht zurückzieht. Auch in seiner Rede machte Parteichef Strieder Landowsky noch einmal für Verluste in dreistelliger Millionenhöhe verantwortlich, die dem Land Berlin durch Landowskys Tätigkeit bei der Bankgesellschaft Berlin entstanden seien.
Doch in der SPD hält man die Erfüllung der eigenen Forderung längst für beschlossene Sache. „Wir gehen davon aus, dass Landowsky im Juni nicht mehr im Amt ist“, heißt es in SPD-Kreisen. Der stellvertretende Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), rechnete gar damit, dass der CDU-Fraktionschef schon kurz nach den Osterferien zurücktreten wird.
Auch der Landesvorstandssprecher der Grünen, Till Heyer-Stuffer sagte, Landowsky werde demnächst fallen „und wie beim Dominospiel weitere Steine des Systems Diepgen-Landowsky mit sich reißen“. Die PDS-Landeschefin Petra Pau betonte, selbst bei einem Rücktritt Landowskys bleibe den Berlinern „nach elf Jahren großer Koalition ein milliardenschwerer Schuldschein“.
Ein Ultimatum ist in der Resolution der SPD nicht genannt. Da die Sozialdemokraten es jedoch kategorisch ablehnen, mit einem CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky über den Nachtragshaushalt zu verhandeln, bleibt der CDU eine Frist bis zum 31. Mai – bis dahin muss der Senat einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa können sich nur 15 Prozent aller Berliner mit der Vorstellung eines Regierungsbündnisses von SPD, Grünen und PDS anfreunden. Selbst unter SPD-Anhängern befürwortet nur jeder Fünfte diese Variante (siehe Kasten).
In der CDU nimmt man die Drohungen der SPD trotzdem ernst. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende und als Nachfolger Landowskys gehandelte Frank Steffel rechnet inzwischen damit, dass eine Neuwahl des Fraktionsvorstandes „sicherlich deutlich vor der Bundestagswahl 2002“ stattfinden wird. Landowsky werde wahrscheinlich auf dem Landesparteitag Anfang Mai zum neuen stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt werden und könnte dann „die Staffelübergabe an jüngere Hände in der Fraktion ankündigen“, sagte Steffel.
Erstmals machte sich auch ein Kreisverband (KV) öffentlich für einen schnellen Rücktritt des Fraktionsvorsitzenden stark. Der Kreisverband Pankow forderte den CDU-Landesvorstand dazu auf, „zur zügigen Bereinigung der Vertrauenskrise alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich personeller Konsequenzen, zu ergreifen“. KV-Sprecher Karl Hennig sagte, es gebe „die Sorge, dass bei einem Bruch der Koalition die kommunalpolitische Arbeit leiden wird“.
Noch am Samstag hatte die CDU die Forderungen der SPD kategorisch zurückgewiesen. Die CDU-Fraktion verbitte sich „jede Einmischung in ihre Personalangelegenheiten“, teilte der Geschäftsführer Uwe Goetze mit. Landowsky selbst gab sich am Wochenende kämpferisch. „Die SPD versucht uns zu erpressen“, sagte er vor 130 Zuhörern auf der Landesdelegiertenkonferenz der Jungen Union. Es handele sich um den Versuch einer „degenerierten 22-Prozent-Partei“, durch Neuwahlen ein Regierungsbündnis mit der PDS herbeizuführen.
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