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Ton der Aufbruchstimmung

■ Britta go Gold: Fünf rockende Damen, ein wenig herbstliche Nachdenklichkeit und mancherlei neue Hoffnung

„Ich sage mal, die Berliner, das will ich ja einräumen, sind ein biss-chen mufflig. Ausgesprochene Dienstleister sind sie nicht, zum Dienen eher ungeeignet. Aber sie tun auch keinem was und helfen denn auch, wenn es sein muss.“

Das sagt nicht etwa Christiane Rösinger, Ex-Lassie Singers-Mitglied, taz-/FAZ- und Spex-Autorin sowie Sängerin/Gitarristin/Texterin von Britta – sondern jemand, der eventuell gern mal Berliner Bürgermeister werden möchte: Gregor Gysi. Doch Rösinger, seit Jahren Wahlberlinerin, würde diesen Satz sicherlich so oder ähnlich unterschreiben.

Auf dem aktuellen Britta-Werk Kollektion Gold (Flittchen Records) hat sich musikalisch und atmosphärisch Einiges getan. Klang die Band auf ihrem Erstling Irgendwas ist immer zwischendurch nicht nur gewohnt melancholisch, sondern auch ganz schön bitter, also eher herbstlich, werden auf Kollektion Gold – der CD, die allein schon für das Cover einen Platz in der Liga der zehn schönsten Plattencover der Welt verdient hätte (außen golden, innen ein Klappcover mit der schönsten blühenden Wiese seit Menschengedenken, seufz) – tatsächlich wesentlich frühlingshaftere, manchmal gar hoffnungsvolle Töne angeschlagen.

Was zu einem Großteil an den Neu-Brittas liegt: an Barbara Wagner, die zweite Gitarre spielt, und vor allem an Keyboarderin und Gitarristin Rike Schuberty, die bei den (anderen) tollen Berlinern Contriva spielt. Die beiden schaffen es, dem textlichen Britta-Kosmos, der sich nach wie vor hauptsächlich mit den guten und schlechten Seiten der eigenen Welt (auch Berlin-Bohème genannt) befasst, eine gute und wohldosierte Portion, Honig wäre zu viel gesagt, aber, ja: Süße hinzuzufügen, die alles glamouröser und kuscheliger klingen lässt, ohne blöde kitschig zu sein. Diese Süße unterstützt einen neuen Britta-Ton, nämlich den der Aufbruchstimmung.

Mag sein, dass sich die „Neue Berliner Schule“, wie sie in sämtlichen Gazetten beschworen worden ist, schon wieder totgeritten hat, wie zuvor auch schon die „Hamburger Schule“ und sämtliche Trends vor ihr. Aber jeder weiß, dass auf solchen Trümmern hernach etwas Neues entstehen kann, das vielleicht noch größer, besser und toller wird. Und so wie Kollektion Gold klingt, sind Christiane Rösinger und ihre Band auch dabei.

Heute Abend werden sie sicherlich auch ein paar alte Lassie Singers-Knaller zum Besten geben und sich gewohnt freundlich und souverän durch Nachdenklichkeit zu neuer Hoffnung rocken.

Barbara Schulz

Donnerstag, 18 Uhr, Michelle Records (Gertrudenkirchhof); 21 Uhr, Molotow

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