: Harren und Hoffen
Auf der Hannover Messe ist sich der Bundeskanzler mit Topmanagern einig: Die Konjunktur reden wir schön
HANNOVER taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat gestern auf der Hannover Messe 2001 seinen Werbefeldzug für die schwächelnde deutsche Wirtschaft fortgesetzt.
Als erster deutscher Kanzler hat der rot-grüne Regierungschef in diesem Jahr beide großen Messen in Hannover, vor vier Wochen die CeBIT und am Sonntag auch noch die Investitionsgüterschau Hannover Messe, eröffnet. Seinen gestrigen Rundgang durch sechs Messehallen und auch seine Eröffnungsrede am Sonntagabend nutzte der Kanzler, um erneut – wie schon auf der CeBIT – vor Konjunkturpessismismus zu warnen.
Nachdem Schröder am Montagmorgen in knapp zweieinhalb Stunden Stände von zehn Firmen besucht und dabei gegenüber seinem Zeitplan eine halbe Stunde gutgemacht hatte, stand für ihn fest: „Die Messe macht deutlich, dass die deutsche Industrie sehr viel konkurrenzfähiger geworden ist.“
Der Kanzler fand dabei nach eigenem Bekunden „auch bei den Ausstellern sehr viel Optimismus“. Überhaupt zeige sich, „dass es überhaupt keinen Grund gibt, in Pessimismus zu machen“.
In seiner Eröffnungsrede hatte sich der Kanzler allerdings nicht an das zuvor verteilte Redemanuskript gehalten und die Wachstumschancen vorsichtiger beurteilt, als ihm seine Berater aufgeschrieben hatten. „Runde zwei Prozent“ Wachstum sind für den Kanzler nun „was, auf das wir aufbauen können“.
Unterstützung erhielt Schröder vor allem durch die Prognosen der Hauptbranchen der deutschen Investitionsgüterindustrie. So rechnen der Verband der deutschen Elektro- und Elektronikindustrie in diesem Jahr mit sieben Prozent und der Verband der Maschinen- und Anlagenbauer immerhin noch mit fünf Prozent Wachstum. Mut sprach dem Kanzler auf dessen Eröffnungsrundgang über die Messe auch ThyssenKrupp-Chef Eckehard Schulz zu. Nach einem halben Jahr mit Rückgängen habe der Auftragseingang in der Stahlbranche wieder angezogen, sagte Schulz. Auch der Präsident des Bundesverbandes der Industrie, Michael Rogowski, und DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp verbaten sich in Hannover düstere Mienen. Schrempp warnte ausdrücklich vor schädlicher Schwarzmalerei. Sinkendes Konsumenten- und Investorenvertrauen könnten sich gegenseitig beeinflussen und „rasch in einen Nachteil für die Konjunktur umschlagen“. Schröder räumte nur nachteilige Folgen der Schwäche der amerikanischen Wirtschaft und der Ölpreisentwicklung ein, sah aber sonst keinen Grund, „in Sack und Asche zu gehen“. JÜRGEN VOGES
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