: Letzte Klappe, Babelsberg
Brandenburg will dem Filmboard radikal die Mittel kürzen. Dann wird auch Berlin die Filmförderung streichen. Intendant fürchtet Handlungsunfähigkeit. Medienbeauftragter fordert Rücknahme
von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Der Filmförderung Berlin/Brandenburg droht die letzte Klappe. Sollte die Landesregierung in Potsdam ihre Absicht wahr machen, dem Filmboard Berlin-Brandenburg 5 Millionen Mark aus dem Fördertopf zu streichen, wird es für junge ambitionierte Produktionen wie „Lola rennt“ oder „Aimée und Jaguar“ am Filmstandort Berlin kaum noch Chancen geben. Der Einschnitt ist so gravierend, weil dann auch das Land Berlin aus Paritätsgründen seine Subventionen um 5 Millionen Mark kürzen wird.
Berlin und Brandenburg fördern zu gleichen Teilen das Filmboard mit rund 25 Millionen Mark jährlich. Die Potsdamer Regierung hat angesichts ihrer maroden Haushaltslage angekündigt, ihren Anteil zu reduzieren. Der Institution, die Autoren, Drehbücher, Filme, Werkschauen und Produktionen mit Geldern unterstützt, stünde damit „der GAU“ bevor, wie Filmboard-Intendant Klaus Keil befürchtet.
1999 und 2000 hatte die Filmförderanstalt, die maßgeblich am Aufbau der Filmwirtschaft am Standort Berlin und seiner Region beteiligt ist, Produktionen mit über 60 Millionen Mark unterstützt. Die 25 Millionen Mark der beiden Bundesländer wurden durch Zuwendungen aus den öffentlichen und privaten Sendeanstalten wie Sat.1, ZDF und Pro 7 ergänzt. Durch Rückflüsse von erfolgreichen Filme standennoch einmal rund 12 Millionen Mark zur Verfügung.
Angesichts der Brandenburger Streichandrohung sieht Keil die Arbeit seiner Einrichtung massiv bedroht. Wenn der Fall einträte, dass Brandenburg und Berlin zusammen 10 Millionen Mark weniger Mittel zu Verfüung stellten, „sind wir handlungsunfähig und unsere Geschäftsgrundlage besteht nicht mehr“, sagte Keil. Seine Institution könne dann nur noch die angeschobenen Projekte betreuen, von einer zukünftigen „aktiven Förderung“ würde nicht mehr die Rede sein.
Nach Ansicht von Sigrid Herrenbrück, Pressesprecherin des Filmboards, ist die Summe aus Brandenburg nicht nur überlebenswichtig für den aktuellen Fortbestand des Filmboards. Zugleich berge eine Reduzierung der Mittel auch die weitere Gefahr, dass die Produktionspartner aus den Sendeanstalten abspringen könnten. Es sei fraglich, „ob die mehr Mittel mobilisieren werden, um die Kürzungen auszugleichen“, so Herrenbrück. Vielmehr müsse mit einem Rückzug der Anstalten gerechnet werden.
Trotz der Kritik von Keil und von Filmproduzenten – die Berlin/Brandenburg vorwerfen, weit weniger als die Länder Bayern, NRW und Baden-Württemberg (mit jeweils bis zu 90 Millionen Mark jährlicher Fördermittel) für die Filmwirtschaft zu tun – gibt man sich im Berliner und Potsdamer Wirtschaftsministerium illusionslos. Claus Guggenberger, Sprecher von Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU), macht dem Filmboard wenig Hoffnung. Berlin sei „durch die vertragliche Regelung der paritätischen Beteiligung gezwungen, 5 Millionen Mark aus dem Förderprogramm zu nehmen“, wenn Brandenburg mit dieser Summe aussteige. Der Sprecher räumte ein, dass die Filmwirtschaft in der Region Schaden nehmen werde. „Wir halten die Bedeutung des Filmboards für den Produktionsstandort für sehr hoch“, betont Guggenberger. Es sei aber die Aufgabe Brandenburgs, die Finanzierung zu erbringen. Eine einseitige Aufstockung der Berliner Mittel werde nicht anvisiert.
Sein Kollege Reitermeier, Sprecher im Brandenburger Wirtschaftsministerium, verteidigt die Kürzungsaktion. Die angespannte Haushaltslage, so der Sprecher, erfordere Einparungen in Millionenhöhe. Dennoch werde das Land per Nachtragshaushalt versuchen, „die alte Marke“ von 12,5 Millionen Mark wieder zu erzielen. Ob das gelingt, sei fraglich.
Die Hoffnungen ruhen nun auf dem Nachtragshaushalt und auf Bernd Schiphorst, dem Medienbeauftragten Berlins. Obwohl sich Schiphorst nach Ansicht von Filmemachern „viel zu spät“ mit der brenzligen Lage des Filmboards beschäftigt habe, redet der Medienbeauftragte nun Klartext. Es sei „überhaupt nicht tragbar“, die Mittel zu kürzen, da der „Rutschbahneffekt“ in Berlin zu „nicht hinnehmbaren Folgen führen könnte“. Sollten die Abstriche wahr werden, befrüchtet Schiphorst, brächte das eine ganze Sparte in die „Schieflage“ und bedeute ein falsches Signal für die Filmwirtschaft der Region. Der Medienbeauftragte will nun mit Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sprechen, um die „Kürzungen vom Tisch zu kriegen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen