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Die Wahrheit bleibt im Dunkeln

Die malaysische Ehefrau eines Mitarbeiters des Auswärtigen Amtes, die Ende Januar eine Entführung in Schildow anzeigte, meldet sich zu Wort: „Ich bin das Opfer“. Die Staatsanwaltschaft zweifelt aber an der Glaubwürdigkeit der 33-Jährigen

von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA

Die Stellungnahmen könnten unterschiedlicher nicht sein: Ende März erklärte die Staatsanwaltschaft Neuruppin, dass der Überfall am 25. Januar auf die malaysische Ehefrau eines Mitarbeiters des Auswärtigen Amtes offenbar von der Frau erfunden worden sei.

Die 33-jährige Frau hatte angegeben, auf dem Weg zu einem Arzttermin von Maskierten entführt worden zu sein. In einem Container sei sie getreten, geschlagen und gezwungen worden, Tabletten einzunehmen. Nachdem sie das Bewusstsein verloren habe, sei sie im Schuppen hinter ihrem Haus in Schildow (Oberhavel) aufgewacht. Mit einem Schock und Verletzungen kam sie ins Krankenhaus (die taz berichtete). Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt: Eine 50-köpfige Sonderkommission ermittelte, Innenminister Schönbohm hatte den Fall zur Chefsache erklärt und Außenminister Fischer ließ sich regelmäßig informieren.

Gestern nun trat die Frau zusammen mit ihrer Anwältin mit einer dreiseitigen Erklärung vor die Presse. „Die Taten sind weder frei erfunden noch selbst vorgetäuscht“, heißt es da. Und: „Ich bin das Opfer. Die Täter sollen gefasst und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.“ Weder sie noch ihre Anwältin Gesine Reisert äußerten sich jedoch zum Tatverlauf. Es blieb bei Angriffen gegen die Staatsanwaltschaft: „Ich habe nicht umfassend und rechtzeitig Akteneinsicht bekommen“, klagte die Anwältin und verwies auf den gerichtsmedizinischen Untersuchungsbericht, aus dem sich „keine zwingenden Anhaltspunkte für eine Selbstschädigung im eigentlichen Sinne“ ergibt. Der Ehemann der Frau war auch anwesend, wollte sich jedoch nicht äußern.

Die Malaysierin, die nach eigenen Angaben seit dem Vorfall ihr Wohnhaus kaum noch verlässt und zur psychologischen Betreuung eine Tagesklinik besucht, wirkte ganz normal. „Warum hätte ich das selber tun sollen?“, fragte sie auf Englisch. „Nennen Sie mir einen Grund, warum.“ Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher hingegen erklärte gestern, es gebe keinen Grund, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. „Wir werden das Ermittlungsverfahren einstellen.“ Nach wie vor bestünden „erhebliche Bedenken“ gegen die Aussagen der Frau. Mit einem Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschung einer Straftat sei jedoch nicht zu rechnen. „Das würden wir nicht anklagereif bringen.“

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