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steuerschätzungSpargefahr

Wir leben in postmodernen Zeiten. Selbst bei Prognosen über die Zukunft nimmt sich niemand mehr die Zeit, wenigstens auf die entsprechende Pressekonferenz zu warten – von der Zukunft selbst ganz zu schweigen. Hans Eichels Steuerschätzung erging es ebenso.

Kommentarvon HERMANNUS PFEIFFER

Bisher beliefen sich die vorausgesagten Mindereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden gegenüber der Schätzung vom November mal auf zwanzig, mal auf zwölf oder zehn Milliarden Mark. Nun wurden es knapp sieben. Konkret erwartet der Bund Einnahmen von 385 Milliarden Mark – und einen Steuerrückgang von einem Prozent. Wohlgemerkt: Das ist eine Schätzung. Es besteht also kein Grund, die Zahlen des Bundesfinanzministers sonderlich ernst zu nehmen.

Der Grund dafür, dass Konjunkturforscher, Regierung und Banken ihre Erwartungen für das Wachstum des Bruttosozialprodukts nun von drei auf zwei Prozent gesenkt haben, ist die seither gedämpfte Wirtschaftsprognose verschiedener Institute. Medial wird diese Entwicklung als halbe Katastrophe verkauft – obwohl zwei Prozent tatsächlich ein durchaus kräftiges Wachstum wären. Da aber die Steuerschätzung nun mal eng an den Wirtschaftsprognosen hängt, musste Eichel seine Hoffnungen dämpfen – obwohl er weiß, dass Wirtschafts- und Steuerprognosen eine Fehlerspanne von etwa einem Prozentpunkt nach oben oder unten haben.

So gesehen wäre die Schätzung des Finanzministers unerheblich – wenn sie nicht reale politische Auswirkungen haben könnte. Denn die jetzigen, geringeren Erwartungen werden sicher herhalten müssen, um beim Solidarpakt II für Ostdeutschland zu sparen. Dessen Höhe hatte Finanzminister Eichel bereits im Voraus von seiner Steuerschätzung abhängig gemacht. Seine jetzige, vage Prognose könnte also vor allem Familien, Arbeitslose und Normalverdiener wirklich hart treffen.

Postmoderne Zeiten eben.

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