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Ver.dis erste Opfer

■ ÖTV-Funktionäre verlassen ver.di

Jahrelang waren sie überzeugte ÖTV-Funktionäre, das Engagement im Personalrat (PR) oder im Vertrauensleutekörper war „Lebensinhalt“, doch seit der Fusionsprozess zur Dienstleitungsgewerkschaft ver.di im Gange sei, fühlen sie die AktvistInnen in der Baubehörde von ihrer ÖTV im Stich gelassen. 24 von ihnen erklärten jetzt ihren Austritt. „Es war ein langer, schmerzhafter Weg“, sagt Carmen Thiemer-Hamade, Ex-Personalrats-Vorsitzende. „Lügereien“ und „Schieberei“ um Posten in neuen ver.di-Verbund macht sie für ihren Frust verantwortlich.

Auch ihre PR-Kollegen Lothar Mikeska – seit 20 Jahren in der ÖTV – und Dieter Hinzelmann – 37 Jahre ÖTV-Mitglied – sind von ver.di enttäuscht, kaum, dass es diese gibt. „Für die Kollegen selber wurden nichts mehr getan“, sagen sie, wobei sich der Zorn gegen ihren Betreuungssekretär Detlef Ott richtet. Das sei die „größte Pfeife“, schimpft Schleusenmeister und Vertrauensmann Hinzmann. Als die ÖTVler sich für ihren wegen Mobbing gekündigten Mitarbeiter Rolf Keyser starkt machten, habe sich Ott von der Unterschriftensammlung – die sogar vom neuen ver.di-Chef Frank Bsirske unterschrieben worden ist – distanziert. Mit Hilfe Otts, der mit der Verwaltung kungele, sei Hamade vom PR-Vorsitz abgesetzt und durch einen Kandidaten des Zentralverbands der Ingenieure ersetzt worden. Und als man ein Hilferuf gestartet und die Absetzungs Otts gefordert habe, hätten die „Freunde aus schönen Zeiten“ und ÖTV-Chefs nicht reagiert. „Man hat sich für den Sekretär entschieden und die haupt- und ehrenamtliche Mitglieder vor den Kopf gestoßen“, so Hamade.

Hamburgs Ex-ÖTV-Chef und jetziger ver.di-Vorsitzender Wolfgang Rose sieht das anders, er macht eher persönliche Diskrepanzen verantwortlich. „Das war der Sekretär, den die gerne haben wollten“, so Rose. Obwohl Hamade als PR-Vorsitzende „Schwung reingebracht“ habe, sei auch sehr stark die Neigung vorhanden gewesen, „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“, was für gemeinsame ÖTV- und DAG-Strategien zu Komplikationen führe.

„ver.di wird als Sündenbock benutzt“, sagt Rose und verweist auf die 1000 Eintritte innerhalb von nur zehn Wochen seit der ver.di-Gründung. „Wir sind eine Großstadtgewerkschaft mit starker Kampfkraft und Kompetenz.“ Kai von Appen

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