: Studieren im Schloss
NRWs Lehramtsbürokratie erinnert an Franz Kafkas Behördenroman. Jetzt soll alles besser werden
DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Lehrer in spe dürfen aufatmen. Bildungsministerin Gabi Behler (SPD) will in flottem Tempo das Lehramt zu einem Bachelor- und Master-Studium umbauen. Damit würden auf Dauer auch die staatlichen Prüfungsämter wegfallen, die den Studenten mit preußischer Akribie und kafkaesken Formularen das Leben schwer gemacht haben.
Die Endnoten zum Beispiel, bisher aus mehreren Teilnoten zusammengesetzt, waren (und sind noch) alles andere als transparent. Wer sich nach Erhalt des Zeugnisses auf den Weg ins staatliche Prüfungsamt machte, um Klarheit zu erlangen, musste tunlichst einen Bleistift mit sich führen. Denn Notizen über die eigenen Akten durften nur auf diese Weise gemacht werden. Hinterher kontrollierten die Beamten des Prüfungsamts diese Notizen.
Trotz dieser Schikanen nahmen viele skeptische Absolventen Einsicht in ihre Akten: Da hatte doch der Professor lobend von einer Eins gesprochen. Warum lautet das Ergebnis auf dem Zeugnis dann zwei minus? In den Akten, und nur da steht die Lösung. Die Arbeit wurde an eine andere Uni geschickt und der Professor mit anderem wissenschaftlichem Ansatz bewertete sie mit einer Drei. Wegen der Notenabweichung ging der Text nochmals auf Reisen. Ergebnis des dritten Profs: Zwei minus. Wenn der Prüfling einen Viertgutachter einforderte, verlängert sich das Verfahren weiter.
Dabei dauert das Staatsexaman auch ohne Rechtsstreit schon lange genug. Auf drei Semester treiben die bürokratischen Methoden die Prüfungszeit hoch. Insgesamt 17 Formblätter stehen derzeit am Beginn jeder Paukerkarriere in NRW. Ort und Zeit der sechs Examens-Klausuren werden von den Beamten bestimmt. Die Studis können nicht an den Terminen rütteln – selbst wenn drei Klausuren in einer Woche liegen. Die Lehrämtler dürfen sich auch nur jeweils einen Prüfer aussuchen, der zweite wird ihnen zugewiesen. Nach welchem Prinzip die Zuteilung erfolgt, wird hinter den Türen entschieden.
Der neue Masterlehrer ist frei von solchen Unbilden. Er legt künftig eine akademische Prüfung, das heißt eine an der Universität ab. Das spart Zeit, denn der Master kann innerhalb von einem halben Jahr absolviert werden. Der Kandidat darf zudem Prüfer, Themen und Termine selbst bestimmen. Damit regiert nicht mehr die Willkür der staatlichen Prüfungsämter – was auch auf den Fluren des Ministeriums begrüßt wird. ISA
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