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Kein Dammbruch bei Volkswagen

Unternehmen und IG Metall können sich nicht auf Sondertarifprojekt 5.000 mal 5.000 einigen

HANNOVER taz ■ Die Tarifverhandlungen über das Volkswagenprojekt 5.000 mal 5.000 sind am Montagabend endgültig gescheitert. Die IG Metall war nicht bereit, zu unterschreiben, dass für insgesamt 5.000 neue Arbeiter nicht nur die Standards des Haustarifvertrages, sondern auch das Niveau des Metall-Flächentarifs unterschritten werden können. Das aber hatten die VW-Verhandlungsführer zur Voraussetzung für das Projekt gemacht. IG-Metall-Vorsitzender Klaus Zwickel, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, attackierte das Unternehmen daraufhin gestern hart. VW habe „alle bisher in Deutschland geltenden Tarifstandards kippen“ wollen.

Volkswagen hatte in der sechsten und letzten Verhandlungsrunde vor dem endgültigen Abbruch der Gespräche erneut eine Wochenarbeitszeit von 42,5 Stunden für die neuen VW-Beschäftigten gefordert, die sich in eine „wertschöpfende Arbeitszeit von 35 Stunden“ und in eine Qualifizierungszeit von 7,5 Stunden aufteilen sollte.

Von dem versprochenen Bruttoentgelt von 5.000 Mark im Monat sollten 4.500 Mark für die eigentliche Arbeit und 500 Mark als pauschale Vergütung für die Qualifizierungszeit gezahlt werden. Zwickel sprach von einem „Dammbruch“, der bei VW gedroht habe.

Was Volkswagen verlange, hätte den Ausstieg aus der 35-Stunden-Woche und Einkommensregelungen bedeutet, die um einige tausend Mark im Jahr unter den Regelungen des niedersächsischen Metall-Flächentarifvertrages gelegen hätten. „Ähnliche Arbeitszeitmodell hätten dann morgen alle anderen Automobilhersteller in Deutschland und übermorgen auch Unternehmen anderer Wirtschaftsbereiche eingeführt“, betonte der Gewerkschaftsvorsitzende, der pünktlich zum Abbruch der Gespräche selbst im Verhandlungshotel am hannoverischen Flughafen erschienen war.

Bisher steht noch nicht fest, an welchem VW-Standort der Minivan nun produziert wird, für dessen Fertigung VW zunächst die ersten 3.500 der geplanten 5.000 Neueinstellungen im Wolfsburger Stammwerk hatte vornehmen wollen.

IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine zeigte sich gestern überzeugt, dass die Planungen für den Wagen so weit gediehen sind, dass er nun, wie nach dem 5.000-mal-5.000-Konzept vorgesehen, tatsächlich auch in Wolfsburg gefertigt werden muss. Dann hätte die Gewerkschaft das Unternehmen bei dem Versuch ausgetrickst, durch Drohung mit der Verlagerung in osteuropäische Standorte längere Arbeitszeiten und niedrigere Löhne zu erpressen. Der Verhandlungsführer des Unternehmens, Josef Fidelis Senn, betonte allerdings, dass „die Investitionen noch nicht getätigt“ seien. So könnte VW zwar den Minivan in Wolfsburg produzieren, dafür aber die Fertigung von Autoteilen vom Stammwerk weg an andere Standorte verlagern.

Der Vorstand müsse jetzt über die Möglichkeiten beraten, sagte VW-Sprecher Hans-Peter Blechinger. Da Standortentscheidungen Sache des Aufsichtsrates seien, werde ein Beschluss wohl erst im September oder Oktober gefällt. JÜRGEN VOGES

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