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pampuchs tagebuchKeine blauen Briefe mehr von der Post

Es gibt Zeiten, da wird einem alles zu viel. An solchen Tagen vor dem Computer zu sitzen ist in sich schon eine Strafe. Aber wenn dann das Kistchen auch noch macht, was es will, dann verwünscht man doch gerne die neue Zeit. Gerade eben will ich mich hinsetzen, um im Schweiße meines Angesichtes etwas Hübsches zu schreiben, da öffnet sich ungefragt ein Fenster und sagt mir: „Bitte warten Sie, Ihre Grafikdatenbank wird optimiert.“ Ich wusste nicht einmal, dass ich eine habe. Und nun muss diese obskure Bank mitten in einer meiner weiß Gott knapp bemessenen produktiven Phasen optimiert werden, während ich warten muss. Wer optimiert eigentlich mich? Und wann?

Das Optimieren scheint zurzeit allgemeiner Trend zu sein. Gerade bei Banken. Ich weiß, wovon ich spreche, denn seit vier Wochen bin ich Online-Banker. Das heißt, ich erledige meine Bankgeschäfte bei der Postbank jetzt online. Der Schritt hat mich viel Überwindung gekostet, weil man ja als kapitalkritischer Mensch nicht jede neue Volte der Finanzwelt kritiklos mitmachen will. Andererseits habe ich jahrzehntelang jede Woche freitags ungeduldig auf meine Kontoauszüge gewartet, jahrzehntelang meine Überweisungen von meinem Postbank-Girokonto per blauen Briefumschlag verschickt und dabei immer Angst gehabt, dass was verloren geht. Von den Scheckeinreichungen, um die man gelegentlich nicht herumkommt, gar nicht zu sprechen. Immer blieb mir bei jeder Transaktion nur Beten und Hoffen, dass die Post mich nicht hängen lässt.

Aber das ist jetzt vorbei. Auf Anregung von Herrn K. vom Postamt meines Vertrauens habe ich mir nun das Online-Banking auf meinem Laptop eingerichtet und kann mir jetzt – wann immer ich will und von jedem Ort der Welt aus – mein Konto ansehen. Genauer gesagt: meine Konten. Denn neben dem Giro liegen auch die verschiedenen kleinen Sparkonten, die ich rentenhalber im Laufe der Jahre angelegt habe, nun auf Knopfdruck offen vor mir. Natürlich nur, wenn ich meine Kontonummer und meine ganz geheime PIN eingegeben habe. Dann aber steht es mir frei, in diesen Konten wie ein Fisch namens Dagobert herumzutollen. Auf den Kopf prasseln lassen kann ich mir mein bisschen Geld allerdings nicht, das zu simulieren hat das Online-Banking nicht geschafft. Doch sinnlicher ist die Sache schon geworden, das muss ich – verschämt – zugeben. Allein schon die TANs! 100 TransAktionsNummern hat mir die Post zugeschickt. Immer wenn ich eine Transaktion mache, streiche ich feierlich eine durch. Es ist wie Kerben am Revolver. Geld ausgeben macht wieder Spaß.

Dachte ich jedenfalls. Seit ich online-banke ist mein Kontostand kontinuierlich gesunken. Das ist zwar nicht die Schuld der Post, aber eines ist merkwürdig: Sie kommt mit den Kontoauszügen nicht hinterher. Ich habe mich bei der Hotline beschwert, die aber sagt, das sei eben so. Geld können sie einem ganz schnell abziehen, aber welches Geld es ist, wissen sie offenbar immer erst viel später. Aber ist das nicht recht eigentlich das Wesen der Banken, dass wir immer warten müssen, bis sie irgendwas optimiert haben? Egal ob bei der Grafikdatenbank, am Schalter oder online. Im Übrigen bleibt mein alter Verdacht weiter bestehen: Mein Konto ist es nicht, das da optimiert wird. THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com

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