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Protest gegen die Auslieferung an das Großkapital

Die Hamburger Wasserwerke verlassen den Verband der Gas- und Wasserwirtschaft – sie fühlen sich untergebuttert von E.on, RWE und Ruhrgas

HAMBURG taz ■ Um der Auslieferung der kommunalen Wasserversorger an die großen Energiekonzerne entgegenzutreten, haben die Hamburger Wasserwerke (HWW) demonstrativ den Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) verlassen. Hanno Hames, Geschäftsführer der HWW, begründete diesen Schritt mit dem Übergewicht der Gasfirmen über die Wasserwirtschaft und mit der Dominanz der großen Konzerne im Verband. Die HWW ist als drittgrößter deutscher Wasserversorger selbst kein Krämerladen. Trotzdem waren die unterschiedlichen Interessen nicht unter einen Hut zu bringen.

Vor allem sind die HWW gegen einen Zwang zur Ausschreibung der Wasserversorgung, die in vielen Fällen auf eine Privatisierung hinauslaufen würde. Der BGW hingegen setzt auf die volle Öffnungder Versorgungsmärkte.

Auslöser für den Austritt war die Neubesetzung des BGW-Präsidiums vor wenigen Monaten. Statt die kommunalen Wasserversorger entsprechend ihrem Anteil an den 1.347 Mitgliedsunternehmen mit einem Sitz zu bedenken, teilten sich erneut allein die Riesen die Chefsessel im Verband: RWE, E.on und Ruhrgas.

In einem Rundschreiben an die Wasserwirtschaft begründeten die HWW ihren Austritt. Bis gestern Mittag seien bereits 300 Rückmeldungen gekommen, sagt Hames. „Die sind dankbar, dass wir Flagge zeigen.“

Nach der Öffnung der Märkte für Telekommunikation, Strom und Gas wird die Liberalisierung der Wasserversorgung zurzeit heiß diskutiert. Im März stellte das Wirtschaftsministerium dazu ein Gutachten vor: „Zwischen Marktöffnung, Umwelt- und Gesundheitsschutz besteht kein Gegensatz“, behauptete der Hauptautor Hans-Jürgen Ewers von der TU Berlin.

Dagegen entstehe für die Wasserversorger endlich ein Anreiz, effizient zu wirtschaften – schließlich kostet unter allen großen Industrieländern in Deutschland das Trinkwasser am meisten. Überdies ergäbe sich für deutsche Versorgungsunternehmen die Gelegenheit, kräftig zu wachsen und so auf dem Weltmarkt mitzumischen.

Hames warnt wie die Umweltverbände davor, Trinkwasser als Ware wie jede andere zu betrachten. „Die Wasserversorgung beginnt beim Regentropfen und endet am Wasserhahn“, sagt Hames, „sie besteht nicht nur aus Kaufen und Verkaufen wie beim Gas.“ Beim BGW vermisste er die Orientierung an den Interessen kommender Generationen. Es sei nicht einzusehen, dass kleine kommunale Zweckverbände, die sich an Gewässer- und Umweltschutz orientierten, dem Untergang preisgegeben werden sollten. Ein Preisvergleich unter Berücksichtigung der gelieferten Qualität spreche für diese Betriebe.

Der gescholtene BGW wehrte sich gestern mit einem Rundschreiben. Darin heißt es, es sei „selbstverständlich, dass die politische Interessenvertretung der Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen auch in der Präsidiumsstruktur Ausdruck finden muss“. Er verwies auf einen Beschluss seines Hauptausschusses Wirtschaft Wasser vom Mai, in dem der Qualitätsstandard des Wassers, die Ressourcensicherung und die Entscheidungsfreiheit der Kommunen als „Grundvoraussetzungen“ der Liberalisierung festgeschrieben seien. GERNOT KNÖDLER

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