: deutsch-französischer vorstoß
Gemeinsames Reformpapier der Agrarminister wird in Frankreich zurückhaltend aufgenommen
Renate Künast ist hier zu Lande unbekannt, sagt ein Sprecher der den Konservativen nahestehenden größten französischen Bauernorganisation, „man muss sehen, was sie tut“. Aus dem sozialdemokratisch geführten Landwirtschaftsministerium verlautet, die Deutsche sei zu einem Zeitpunkt ins Amt gekommen, als die Fleischkrisen BSE und MKS kaum eine andere Möglichkeit als eine Neuorientierung ließen: „Da hat sie eben eine Reihe von Dingen auf den Tisch gelegt.“
Die Zurückhaltung täuscht. Künast und ihr Pariser Kollege Jean Glavany haben soeben eine Grundsatzerklärung vorgelegt, die nach Jahren der Streitereien und Missverständnissen in der Landwirtschaftspolitik der erste gemeinsame Blick in die Zukunft ist. In dem am 1. August in der Zeitung Le Monde veröffentlichten Papier kündigen sie den Abschied von den bisherigen Prinzipien der EU-Landwirtschaftspolitik an. „Die Priorität der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik muss lauten: besser produzieren, nicht: mehr produzieren“, heißt es. Das verlangten sowohl die VerbraucherInnen, als auch „Herausforderungen“ wie EU-Osterweiterung und die anstehenden WTO-Verhandlungen.
Beide LandwirtschaftsministerInnen üben Selbstkritik. So hätte die BSE-Krise „besser bekämpft“ werden können, „wenn wir den kompletten Rindersektor frühzeitig erfasst hätten“. Künftig wollen sie unter anderem mehr Gewicht auf die ländliche Entwicklung, auf die Produktqualität und auf die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft legen. Zu diesem Zweck möchten sie auch die Modulation, die finanzielle Förderung landwirtschaftlicher Betriebe, die ihre Produktion umweltverträglicher gestalten, zur EU-weiten Pflicht machen. Um die Viehzucht in der EU unabhängiger von – unter anderem genmanipulierten – Importen zu machen, wollen beide den in den vergangenen Jahren extrem zurückgegangenen Anbau von Ölsaaten wieder stärker unterstützen.
Die französischen Reaktionen auf die neue Initiative sind verhalten. „Natürlich ist es gut, dass sie eine gemeinsame Vision entwickeln“, sagt Christophe de Rycke, Vizepräsident des einflussreichen Jungbauernverbandes CNPJ. Aber er vermisst jeden Hinweis darauf, wie der Markt künftig organisiert werden soll: „Ländliche Entwicklung fördern ist gut, aber das allein ist noch keine Landwirtschaftspolitik.“ Viele französische Bauern fürchten, dass die Unterstützung für den Ökolandbau die Liberalisierung der europäischen Landwirtschaft begleiten soll. „In dem Fall“, sagt de Rycke, „werden nur wenige Bauern übrig bleiben.“ DORA
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