: Eine neue Partei für Tschechien
Intellektuelle wollen echte Demokratie und eine Alternative zu den etablierten politischen Kräften des Landes
PRAG taz ■ Tschechiens Intellektuelle haben den Sprung gewagt: weg von der Bürgerinitiative und rauf auf die politische Bühne. Mit der frisch gegründeten Partei „Cesta zmìny“ (Weg der Änderung) wollen sie die Ideale der Bürgergesellschaft weiter propagieren. Denn, so Jiří Lobkowicz, Adelsspross, Ökonom, Weinbauer und gleichzeitig Mitbegründer der „Cesta zmìny“: „Ohne Bürgergesellschaft keine liberale Demokratie.“
Sie sind also gekommen, um das politische Erbe von Václav Havel anzutreten, dessen Traum von der wahren Bürgerdemokratie immer wieder Gefahr läuft, von den Machenschaften der derzeitigen Politelite Tschechiens plattgewalzt zu werden. So sind die Vordenker der neuen Partei bekannt aus Diskussionsforen und Demo-Plattformen. Außer Lobkowicz stehen für den Parteivorsitz noch Exstudentenführerin Monika Pajerová oder der Musiker Michal Kocab zur Debatte.
„Unser größtes Ziel ist es, wirklich eine Partei der Bürger zu sein und vom Bürger aufgebaut zu werden“, sagt Lobkowicz. Während das eigentliche Parteiprogramm noch ausgearbeitet wird, haben sich die Macher eines versprochen: Demokratie soll auch innerhalb der Parteistrukturen bestehen, ein ethischer Kodex und ein innerparteilicher Rat werden darüber wachen, dass, so Lobkowicz „diese politische Partei nicht in Klientilismus degeneriert“.
Wenn sie dann mal groß ist, will die „Cesta zmìny“ eine wahre Alternative zu den beiden großen Parteien, den Sozialdemokraten (ČSSD) von Premier Miloš Zeman und den Bürgerdemokraten (ODS) des Václav Klaus werden. Denn die, glaubt Lobkowicz, haben das Land politisch und ökonomisch heruntergewirtschaftet.
Doch selbst die „Cesta zmìny“ hat schon ihre Kritiker. Als „kontraproduktiv“ bezeichnet Jiři Pehe, Exberater von Präsident Havel, die Bemühungen der neuen Partei. Denn, so Pehe, mit der Viererkoalition, einem Zusammenschluss aus kleineren konservativen Parteien, sei die politische Mitte schon gefüllt. Pehe fürchtet, die „Cesta zmìny“, der Umfragen nach 14 Prozent der tschechischen Bürger ihre Stimme geben würden, könne die Mitte spalten, dadurch ČSSD und ODS weiter stärken. ULRIKE BRAUN
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