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Die Welt ist gegen uns

In Israel fühlt man sich als Opfer eines globalen Antisemitismus

„Wenn die Welt uns ohnehinals Besatzer und Unterdrücker sieht,können wir uns jaendlich auch so verhalten“

JERUSALEM taz ■ „Geh zurück nach Durban!“ Mit Rufen wie diesem wurde der Nahostbeauftragte der Europäischen Union, Javier Solana, in Jerusalem empfangen, als er am Dienstag den Tatort eines erneuten Selbstmordattentats besichtigte. Demonstranten beschimpften Solana als „Antisemit“.Die israelische Delegation hatte am Vorabend die Weltkonferenz gegen Rassismus im südafrikanischen Durban verlassen. Außenminister Schimon Peres begründete die Entscheidung mit der „antiisraelischen“ und „antisemitischen“ Atmosphäre in Durban. Die Konferenz sei eine einzige Farce.Nahezug einhellig kommentiert die israelische Presse, die Konferenz habe in Israel das Gefühl wiederaufleben lassen, die ganze Welt zum Gegner zu haben. „Nach all den Anstrengungen des vergangenen Jahrzehnts, in denen der Bürger Zions keine Mühe gescheut hat, sein Gesicht zu ändern, beharren die Goyim [Nicht-Juden] darauf, mit dem Finger auf seine lange Nase zu deuten“, schreibt Hagai Segal vom Maariw. „Wir sind erneut der Feind der Welt.“ Zumindest sei, schreibt Hagai Segal, die Situation nicht so bedrohlich wie in vergangenen Zeiten, denn „die Juden sind stark und die Araber schwach“. Das einzige Pogrom, das heute zu fürchten sei, „ist ein verbales“.Der nationalreligiöse Ha’Zofeh kommentiert pragmatisch: „Wenn die Welt uns ohnehin als Besatzer und Unterdrücker betrachtet, können wir uns ja endlich auch so verhalten.“ Die internationale Isolation Israels mag, so Chami Schalew vom Maariw, bei Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Illusion aufkommen lassen, er habe es geschafft, den Konflikt auf die internationale Bühne zu bringen. Möglicherweise kämen die Palästinenser damit zu der Ansicht, es sei nicht mehr nötig, „sich an die vereinbarte Feuerpause zu halten“.Trotz der „übertriebenen, heuchlerischen und gewaltvollen“ Anschuldigungen gegen Israel, so B. Michael von der auflagenstarken Yediot Achronot, sei der Begriff Apartheid klar definiert. Als Beispiel führt er das israelische Gesetz an, das Eheschließungen zwischen den Rassen und den verschiedenen Religionen verbietet.SUSANNE KNAUL

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