Nachgefragt: Krieg / Castor
■ Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Antworten eines Demonstranten
Am Samstag findet in Lüneburg die Auftaktdemonstration zu den Protesten gegen den Castortransport nach Gorleben statt. Einer der Redner ist Fritz Storim von der Bremer Messstelle für Arbeits- und Umwelt-Schutz (MAUS).
taz: Die Anti-AKW-Bewegung hat dieses Mal explizit auch die Friedensbewegung zu den Castor-Protesten eingeladen. Gegen Krieg und gegen Castor – sind das nicht zwei verschiedene Dinge?
Fritz Storim: Wir stellen uns quer gegen die Castor-Transporte nach Gorleben. Und während wir dort demonstrieren, fallen in Afghanistan die Bomben. Das ist zum einen schon erstmal eine Situation, zu der wir auch Stellung beziehen müssen, weil wir uns nicht nur als Anti-Castor-Bewegung verstehen, sondern als eine Bewegung, die auf eine andere Gesellschaft hinarbeitet, in der nicht die ökonomische Realität und Macht, sondern die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund stehen. Zum anderen wirkt sich der Krieg auch auf unseren Widerstand aus. Denn dieser Krieg wird nicht nur nach außen, sondern auch nach innen geführt, durch die sogenannten Anti-Terror-Gesetze. Das betrifft uns unmittelbar.
Konkret?
Die Anti-AKW-Bewegung hat immer schon ein sehr breites Aktionsspektrum. Jetzt wird ein Klima geschaffen, das jeden außerparlamentarischen Widerstand als „Terror“ darzustellen versucht. Das bedeutet auch einen Angriff gegen unsere Widerstandsformen.
Mit im Boot sind diesmal auch die GlobalisierungskritikerInnen von attac.
Die haben wir natürlich ganz gezielt angesprochen, weil wir denken, dass der Widerstand gegen Neoliberalismus und Globalisierung nicht vom Atomprogramm zu trennen ist.
Ist die Globalisierung für die Castortransporte verantwortlich?
In den letzten Jahren ist der gesamte Energiemarkt in der Bundesrepublik liberalisiert worden, um ihn für den Weltmarkt konkurrenzfähig zu machen. Eine ähnliche Entwicklung findet in anderen Ländern statt. In Deutschland sind im Prinzip nur noch vier große Energieversorger übriggeblieben. Viele Kommunen, auch Bremen, haben ihre Stadtwerke verkauft und daher heute keinen Einfluss mehr auf die Art der Energieerzeugung. Für Bremen bedeutet das zum Beispiel, dass das hier nach Tschernobyl entwickelte Konzept, nämlich, durch kleine Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung einigermaßen umweltfreundlich Strom zu produzieren, um unabhängig vom Atomstrom zu werden, aufgegeben wurde; dass ein Teil dieser Kraftwerke sogar stillgelegt wird, weil sie nicht so rentabel arbeiten wie die großen AKW. Die Bremer Stadtwerke, die nun nicht mehr bremisch sind, haben sich in das AKW Grohnde eingekauft. Auch Bremen bezieht also wieder Atomstrom. Und dafür rollen dann die Castoren.
Fragen: Armin Simon
Gemeinsame Anfahrt mit dem Wochenendticket zur Demo in Lüneburg am Samstag um 7.24 Uhr ab Bremen Hbf, Gleis 10. Aktuelle Infos zum Castor, zu den Camps, zu Aktionen in Bremen sowie eine Mitfahrbörse ins Wendland gibt es ab Samstag unter der Telefonnummer 0421-700144.
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