: Zäune weg, Brücken her!
■ Stadtentwicklungsgespräche: Freiraum-Konzepte fehlen
Eigentlich verläuft das Prozedere der Bremer Stadtentwicklungsgespräche stets nach dem gleichen Muster: Auswärtige Experten stellen anregende Projekte vor, die anschließend von lokalen Experten vor dem Hintergrund der Bremer Verhältnisse kommentiert werden.
Diesmal – zum Thema „Freiräume in der Stadt“ – gab's eine interessante Akzentverschiebung in der seit 1998 laufende Reihe – denn diesmal machten erst die Beiträge aus dem Publikum die Sache richtig rund.
„Freiraum“ ist zunächst ein Terminus technicus von Stadtplanern und Landschaftsgestaltern, dem nicht selten der Ruch des Marginalen anhängt, weil er das bezeichnet, was beim Bauen übrig bleibt: Die Restflächen gewissermaßen. Man muss nicht erst den Philosophen Lao-Tse bemühen, um festzuhalten, dass dieser Rest, dieses Nicht-sein, erst den Gebrauch einer Sache möglich macht – in diesem Fall der Stadt. Genau hier, beim Gebrauch, stellt sich die Frage des „Wie?“, und es öffnen sich andere, emotionale und sozialräumliche Dimensionen des Begriffs „Frei-Raum“.
Eine Stadtplanerin aus Kattenturm schilderte, wie es meist mit der Realität des Raumes vor der Haustür bestellt ist: Überall trifft man auf Zäune. Dass sich oft durch relativ simple Maßnahmen wesentliche Qualitätsverbesserungen erzielen ließen, machte ein Vorschlag von Umwelt-Aktivist Gerold Janssen deutlich: Eine kleine Holzbrücke bei der Hofkapelle im Blockland könnte wesentlich verbesserte Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Bürgern der westlichen und nordöstlichen Stadtteile schaffen.
In der Diskussion stellte sich eine sonst eher selten zu findende Übereinstimmung heraus: Bremen hat im Prinzip gute Voraussetzungen, was den Bestand und die Möglichkeiten der Vernetzung der öffentlichen Räume anbelangt – man macht aber zu wenig daraus. Heidbert Bäuerle, Landschaftsplaner in Bremen-Nord, verwies in diesem Zusammenhang auf sein Plätze-Gutachten, das eine umfassende Bestandsaufnahme darstellt und Verbesserungen mit einfachen Mitteln vorschlägt. In Hinblick auf die Vernetzung kann man zwar im Stadtentwicklungskonzept von 1999 Perspektiven finden, nur sind die in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt – was nicht verwundert: Denn Bremens Freiräume kommen im Stadtmarketing zu wenig vor. Es fehlt ein eingängiges Label, ein identitätsstiftendes Projekt, das sich Landschaftsplaner Karl Peter Schreckenberger, der ebenfalls auf dem Podium saß, unter dem Titel „Weserlandschaft“ vorstellen könnte.
Andernorts ist man schon weiter. Die Region RheinMain hat das Projekt „Regionalpark RheinMain“, das für ein Grün-Netz mit einer angestrebten Länge von 450 Kilometern steht. Im nördlichen Ruhrgebiet gab es Ende der 90er Jahre die Internationale Bauausstellung – die erste, bei der nicht Bauten, sondern Freiräume im Mittelpunkt standen.
Trotz aller Konsensstimmung über wünschenswerte Perspektiven blieben am Schluss der Veranstaltung auch Momente von Unbehagen: Zum Beispiel über die schleichende Privatisierung des öffentlichen Raumes als Folge von Angst und Profitstreben, auf die die frühere Schlachthof-Mitarbeiterin und jetzige taz-Redakteurin Elke Heyduck – ebenfalls als Kennerin der lokalen Verhältnisse auf's Podium geladen – hinwies.
Dieser Tendenz könnte vielleicht am ehesten ein identitätsstiftendes Projekt gegensteuern, das nicht von außen aufgesetzt ist, sondern aus den Potentialen des Ortes schöpft.
Eberhard Syring
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