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Koalitionsbruch riskieren

■ Nord-Grüne gegen Bundeswehreinsatz

Schleswig-Holsteins Grüne haben mit ihrer Debatte über einen Bundeswehreinsatz im Anti-Terror-Kampf eine Reifeprüfung abgelegt. Sehr nachdenklich, sachlich, auch emotional, aber ohne persönliche Angriffe trugen sie den Konflikt auf ihrem Kleinen Parteitag am Sonnabend in Kiel aus. Die Partei steckt inhaltlich trotzdem im Dilemma: Inhaltlich zog sie sich auf einen „Nein, aber...“-Beschluss zurück.

Klar ist, dass die Nord-Grünen keine Bundeswehrsoldaten in den Krieg schicken wollen, wie ihn derzeit die USA in Afghanistan führen. „Man kann nicht anfangen, wenn man einen Bankräuber nicht findet, wild in der Gegend herumzuschießen“, befand Landtagsfraktionschef Karl-Martin Hentschel. Auch wollen die Grünen verhindern, dass der Bundestag einen Freibrief etwa für Anti-Terror-Einsätze anderswo ausstellt. Bei einem Mandat der UNO wiederum könnten sie sich unter bestimmten Vo-raussetzungen ein „Ja“ zur Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten vorstellen.

Ob „nein, aber“ oder „ja, aber“: Die Bundesregierung, also auch Joschka Fischer, sollen von der „uneingeschränkten“ zur „kritischen“ Solidarität mit den USA übergehen – bei allen Konsequenzen. „Wir gehen das Risiko des Scheiterns der rot-grünen Koalition in Berlin ein“, macht Vorstandssprecherin Monika Obieray klar.

Im Schatten der Weltpolitik droht der Partei zunehmend die Basis wegzubröckeln. In Stormarn könnte sie praktisch ganz verschwinden, berichtete die bisherige Kreisvorsitzende Heike Uhlen-brook, die von ihrem Posten zurücktrat, aber in der Partei bleiben will. „Sollte der Bundestag zustimmen, ist bei uns mit Austritten zu rechnen, die wir uns nicht mehr leisten können.“ Schon jetzt zählt die Landespartei nur noch etwa 1500 Mitglieder. Wie viele davon ihr den Rücken kehren, hängt vom Bundestagsbeschluss über einen Bundeswehreinsatz ab. Bisher waren es wegen Afghanistan nur etwa 10, weniger als beim Kosovo-Konflikt, sagte Obieray.

Wolfgang Schmidt

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