Eine Kohabitation auf Bulgarisch

Der Chef der Sozialistischen Partei Georgi Parwanow wird zum neuen Staatspräsidenten Bulgariens gewählt

BERLIN taz ■ Die Kohabitation auf Bulgarisch ist nun perfekt: Simeon Sakskoburggotski, Ministerpräsident und letzter Zar Bulgariens, wird künftig mit dem Chef der Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP), Georgi Parwanow, als neuem Präsidenten regieren müssen. Bei der Stichwahl um das höchste Staatsamt am Sonntag erreichte Parwanow 56 Prozent der Stimmen. Sein Widersacher, der amtierende Staatschef Petar Stojanow, kam auf 44 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 43 Prozent. Das amtliche Endergebnis wurde noch für gestern erwartet.

Damit zeigten die Bulgaren den Regierenden in diesem Jahr zum zweiten Mal die rote Karte. Nach der Abwahl der liberalen Union der Demokratischen Kräfte (UDF) und dem erdrutschartigen Sieg der neu gegründeten Partei des Exzaren „Nationale Bewegung Simeons II.“ bei den Parlamentswahlen im vergangenen Juni soll es jetzt ein gewendeter ehemaliger Kommunist richten. Dessen Sieg verdankt sich zuallererst der Tatsache, dass Simeon den einstigen Hoffnungsträger Stojanow, der 1996 den demokratischen Neuanfang eingeleitet hatte, unterstützte und auf einen eigenen Präsidenten-Kandidaten verzichtete. Denn von den vollmundigen Versprechen Simeons vor den Juniwahlen, den Lebensstandard der Bulgaren innerhalb kürzester Zeit spürbar anzuheben, ist nichts geblieben. Stattdessen zwingen steigende Lebenshaltungskosten vor allem immer mehr ältere Menschen zu einem Leben am Rande des Existenzminimums.

Dem 44-jährigen Historiker Parwanow, den wochenlange Straßenproteste im Winter 1996/1997 zum Rücktritt gezwungen hatten und der zwei Parlamentswahlen in Folge haushoch verloren hatte, war die Genugtuung über seinen unerwarteten Sieg anzumerken. „Zusammen mit euch werden wir Bulgarien verändern“, rief Parwanow am Sonntagabend jubelnden Anhängern zu, und: „Für mich ist das ein Sieg des gesamten Landes, der Sieg der Idee einer Wiedergeburt Bulgariens, in der sich der Wunsch des Volkes nach tiefen Veränderungen zeigt.“

Doch ob die mit Parwanow, der sich gern als Sozialdemokrat geriert, zu machen sein werden, ist fraglich. Zwar kündigte er an, für eine maximale Kontinuität in der Außenpolitik einzutreten und sich verstärkt um eine Mitgliedschaft seines Landes in EU und Nato zu bemühen. Eine „Schockerweiterung“, so Parwanow, könne es jedoch nicht geben. BARBARA OERTEL