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„Das muss man doch fördern“

■ Auch ein Blick nach vorn: Geschäftsführer Horst Dietrich zum 30. Jubiläum der Fabrik

„Tatsächlich: schon 30 Jahre“, sagt Horst Dietrich und wirkt für einen Moment wirklich verblüfft. Mit der Fabrik feiert von heute an nicht nur das hier zu Lande erste alternative Kulturzentrum ein rundes Jubiläum. Es jährt sich zugleich auch Dietrichs Engagement im Haus an der Barnerstraße. Damals einer der Initiatoren, ist er heute Geschäftsführer und mag nach Jahrzehnten zwischen Selbstausbeutung und geglückter Professionalisierung wissen, wovon er redet, wenn er der Stadt Hamburg attes-tiert: „Stellenwert Kultur: gleich null“.

Präsentieren auch die Feierlichkeiten mit Rock-, Pop- und Hip-Hopkonzert, Jazzfrühschoppen, Oldie-Disco und Kinderprogramm (nahezu) alles, was die Fabrik bis heute ausmacht: Der Blick geht nach vorne, eine Podiumsdiskussion zur lokalen Kulturpolitik bildet heute ab 19 Uhr den Auftakt. Da ahnt man, dass damals, 1971, nicht zuletzt eine kulturpolitische Intervention war, was heute als stimmungsvoller Konzertort, nachmittägliches Skateboard-Areal oder Lärmbelästigung empfunden wird. „Wir wollten in ein Arbeiterviertel gehen“, erinnert sich Dietrich. „Und hier war absolute Unterschicht auf der Straße – für die wurde ja ein Scheißdreck getan.“

Dem Hochkulturbetrieb neidet er keine Mark, auch wenn die Fabrik bei geringen Subventionen und einem zu rund vier Fünfteln selbst erwirtschafteten Haushalt „gerade so“ über die Runden komme. „Was eine Stadt lebensfreundlich macht, das muss man doch irgendwie fördern“, sagt er, „und das ist nicht die Gieskanne Geld. Es geht darum, sich dafür einzusetzen, zu präsentieren. Es ist eine gewisse Anerkennung für die Menschen, die da an der Basis herumkrümeln. Immerhin 30 volle Stellen hängen heute am Betrieb, und auch im stadtplanerisch gewandelten Ottensen gibt es „nach wie vor“, so Dietrich, „einen großen Bedarf an Stadtteil- und Aufbauarbeit“, wie die Fabrik sie bietet: Zwischen 80 und 120 Kinder und Jugendliche kommen pro Tag, und ein geplanter nächster Schritt soll sein, ab Februar – erstmals? – auch ältere Stadtteilbewohner anzulocken. Und erweitern will man, Pläne für technische Räume und einen kleinen Saal gibt es, und das Lärmproblem soll dabei auch gelöst werden. „Das ist ein Wunsch – auch an die Stadt“, sagt Dietrich. „Wir müssen das mal in die Diskussion bringen. Wann, wenn nicht jetzt?“

Alexander Diehl

„30 Jahre Fabrik“: heute, morgen und Sonntag, Termine im Programmteil; www.fabrik.de

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