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Schockgefrostet in die Klinik

■ Die Kliniken Sankt-Jürgen-Straße und Bremen-Nord wollen zum Mittag Tiefkühlkost servieren. Das soll gesünder und günstiger sein. In Ost und Links der Weser geht man andere Wege

Viel Kreativität wird ihnen in Zukunft nicht mehr abverlangt werden, den Köchen der Zentralkrankenhäuser Bremen-Nord und Sankt-Jürgen-Straße. Teile der Großküchen sollen geschlossen, die Speisen schon bald tiefgefroren geliefert werden. Für das Küchenpersonal fällt ein wesentlicher Arbeitsbereich weg. „Stellen stehen aber nicht auf dem Spiel“, betonen die Verwaltungsdirektoren beider Kliniken. In Sankt Jürgen sind 34, im Zentralkrankenhaus Nord 25 Personen von den Neuplanungen betroffen.

In Nord sind die Planungen schon weiter. Hier soll Küchenpersonal künftig spülen – und PatientInnen individuell bedienen. Arbeitskräfte, die dafür bislang von Fremdfirmen kamen, würden so ersetzt, sagt Nord-Verwaltungsdirektor Uwe Schmidt. In der Belegschaft herrscht Unmut. Der Personalrat des Krankenhauses hat sich gegen das „Outsourcing“ ausgesprochen, das intern „Catering“ heißt. Denn nur Mittagessen wird geliefert. „Die Verträge sind bereits unterschrieben“, sagt Schmidt. Sein Haus müsse sparen. Schon ab März liefert eine Fremdfirma Tiefkühlkost.

Fünf Millionen Mark müsste die Vegesacker Klinik demnächst in die Renovierung ihrer Küche ste-cken. In der Sankt-Jürgen-Straße fielen bald 14 Millionen Mark Sanierungskosten an. „Das Geld ist nicht da“, heißt es in beiden Kliniken. Einsparungen seien unumgänglich, sagen Schmidt und sein Kollege Walter Bremermann, der Verwaltungsdirektor des ZKH Sankt-Jürgen-Straße. Wenn Mahlzeiten geliefert und nur noch vor Ort erwärmt werden müssen, bräuchten die Klinik-Küchen nicht in vollem Umfang erneuert werden.

Nord-Chef Schmidt verspricht sich eine Kostenersparnis von rund einer Million Mark allein durch reduzierte Renovierung. Eine weitere Million Sparpotenzial stecke in den laufenden Kosten. Schließlich werde in der Küche künftig auf Fremdkräfte verzichtet. Qualitätseinbußen werde es beim Essen nicht geben, verspricht Schmidt außerdem. Bei Tiefgefrorenem blieben Vitamine und Nährstoffe besser erhalten als bei Lebensmitteln, die lange im Kühlschrank gelagert werden. Auch Sankt-Jürgen-Chef Walter Bremermann hält viel von dem so genannten „Cook & Freeze“-Verfahren. „Wir können die Essensqualität sogar steigern“, behauptet er. Die Speisen seien nahrhaft. Außerdem könne man durch „Auftau-Öfen“ auf allen Stationen die Warmhalte-Probleme beseitigen. Immer wieder hatten PatientInnen über kaltes Mittagessen geklagt.

Ganz anders im ZKH Links der Weser. „Wir haben uns entschieden, nicht auf das „Cook & Freeze“-Verfahren umzusteigen“, betont Verwaltungsdirektor Peter Stremmel. Die Qualität sei entscheidend. „Die erwärmten Essen sind einfach ungenießbarer Matsch.“ Auch Links der Weser steht eine umfangreiche Küchenrenovierung an. Die fünf Millionen Mark dafür könne das Krankenhaus aufbringen. „Unsere Küche bietet hohe Qualität und ist daher wettbewerbsfähig“, so Stremmel. Sparen könne man durch die Umstellung auf „Cook & Freeze“ nicht. Schließlich müsse das eigene Küchenpersonal weiterhin bezahlt werden. Damit folgt die Klinik ihrem Kurs, möglichst viel Arbeit in Eigenregie zu bewältigen. Bereits vor Jahren hat man im ZKH Links der Weser die Fremdvergabe der Zimmerreinigung rückgängig gemacht. „Die eigenen Reinigungskräfte machen das einfach besser“, so die Überzeugung. Kluge Kalkulation hatte diese Entscheidung unterstützt.

Der Personalrat Links der Weser unterstützt die Haltung der Krankenhausleitung. „Was Nord und Sankt Jürgen vorhaben, ist eine Milchmädchenrechnung“, sagt Peter Erlanson. Beiden Krankenhäusern wirft er Versäumnisse bei der Instandhaltung der Küchen vor. Jahrelang habe man nicht inves-tiert. Da dürfe man sich nicht wundern, wenn man irgendwann vor einem Kostenberg stehe.

Auch im Krankenhaus Bremen-Ost sind Diskussionen um „Outsourcing“ im Küchenbereich längst Geschichte. Seit einigen Jahren gibt es in der Klinikküche einen neuen Koch. „Der ist so gut, dass alle Krankenhaus-Besucher bei uns essen wollen“, sagt Hans Haack von der Krankenhaus-Direktion. Seither verzeichne die Kantine ein Mehr an Einnahmen. Allein dadurch würden schon viele Kosten gedeckt.

Ebbe Volquardsen

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