themenläden und andere ClubsDas Ausgehen, diese Kolumne und andere Kleinigkeiten: Einmal da gewesen sein
Es ist eine komplizierte Angelegenheit mit dem Ausgehen, und noch komplizierter ist es mit dem Schreiben über das Ausgehen, besonders in dieser kleinen, beliebten Kolumne. Denn in ihr sollen eigentlich die Phänomene des Nachtlebens beschrieben und erörtert werden, zumindest hin und wieder; ja, und in ihr soll das Ausgehen an sich gefeiert werden, zumindest manchmal. Oft ist an dieser Stelle aber von einer „Krise des Ausgehens“ die Rede, was dem Geist dieser Kolumne nicht unbedingt entspricht. Tatsächlich jedoch stellt man immer wieder am eigenen Leib fest, dass in der Ausgehkultur das Abfeiern und die Krise zusammengehören und das eine nicht ohne das andere geht.
Ist doch schließlich so: Man geht gern aus und trifft Leute und vertreibt sich die Zeit und hört Musik und trinkt und so weiter. In letzter Zeit stellte man dabei öfter mal fest, dass das Ausgehen zielgerichteter geworden ist: ein Konzertbesuch, ein DJ-Set, Kino-, Lesungs-, oder Restaurantbesuche.
Das Ausgehen um des Ausgehens willens, einfach so, weil man eben irgendwelche Leute treffen, sich irgendwie die Zeit vertreiben und irgendwas trinken will, ist auffällig weniger geworden. Das liegt am Alter, an veränderten Lebensumständen oder geregelten Arbeitsverhältnissen – was wiederum einem Ausgehen vor allem unter der Woche im Weg steht. Und geht nicht, wer was auf sich hält, nur ungern am Wochenende aus?
Zwicken tut es trotzdem immer wieder, und irgendwie ärgerlich ist es, wenn man die neuesten Entwicklungen in Sachen neuer, kleiner und feiner Clubs im wahrsten Sinne des Wortes verschläft. Die Montagsbar mit Blick auf den Fernsehturm in der Rosa-Luxemburg-Straße; die Mittwochsbar in der Chausseestraße, von der es mal heißt, sie hätte den Charme der Galerie berlintokyo oder des Roxy, dann wieder, sie wäre eine Mischung aus Kunst und Technik und Finks; oder das Glam, das es locker mit dem Ibiza aufnehmen könnte.
Nur die Nennungen der alten Läden machen stutzig: Warum diese erinnerungsseligen Vergleiche? War es seinerzeit so schön und so bewegt und so großartig? Gibt es tatsächlich eine Krise im Clubleben? Gibt es keine wirklich guten neuen Locations? Ist die Berliner Clubkultur am Ende, von wegen der vielen Schließungen? Warum gibt es in den Magazinen keine Club-Reports mehr? Oder ist man schon einer dieser Altvorderen, die davon reden, wie schön alles früher war und jetzt nicht mehr?
Besagtes Glam beispielsweise dürfte zumindest von seiner Lage her jeden Jungtouristen ausrufen lassen: „Det is Berlin.“ Ringsum die alten DDR-Hochhäuser und mittendrin ein Club oder „Klub“ (alte Lesart). Da geht man also hin, weil es ja nun auch bald wieder zumacht und man wenigstens einmal da gewesen sein muss – nicht dass es in drei Jahren ein Sequel des Fotobandes „Temporary Spaces“ gibt und man das Glam nicht kennt! Und dann kann man es doch nicht lassen, zu muffeln und beim Betreten des Kellers gar von einer „Studentenbude“ zu sprechen (was für eine Scheißzuschreibung! Eher erinnert es innen aber tatsächlich an einen Klub).
Schließlich wird es aber doch noch schön, denn es sind Leute da, die man schon länger nicht gesehen hat und gerne trifft. Ja, genau, die Leute sind doch das Wichtigste, die eigene Gestimmtheit und die konsumierten Drogen! Also nächste Woche wieder ins Glam? Eher nicht. Lieber in richtige Discos, ins Lola oder ins Matrix etwa. Die kann man an dieser Stelle dann richtig abfeiern oder in ihrer ganzen Reichhaltigkeit und ihren vielen Brechungen elegant auf den Punkt bringen. GERRIT BARTELS
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