: Revolte im Asyllager
Im südaustralischen Lager Woomera zünden verzweifelte Flüchtlinge erneut ihre Baracken aus Protest gegen die Zwangsinternierung an
ADELAIDE taz ■ Das Warten auf eine Aufenthaltsgenehmigung für Australien ist vielen Asylbewerbern im isolierten Internierungslager Woomera zu lang geworden. Mit Rufen wie „Wir wollen Visa“ und „Wir wollen Freiheit“ steckten sie in der Nacht zu gestern 15 Gebäude des Lagers in der südaustralischen Wüste in Brand. Wachmannschaften und Feuerwehr mussten sich vor den Stühle und Steine schleudernden Lagerinsassen vorübergehend zurückziehen. Ein Dutzend Sicherheitsbeamte wurde verletzt. Vier Gebäude brannten nieder, weitere elf wurden schwer beschädigt. Gestern drohten die Asylbewerber das ganze Lager niederzubrennen, wenn sie nicht bald Aufenthaltsgenehmigungen erhielten und das Lager verlasssen dürften.
Es ist das siebte Mal in diesem Jahr, dass in Woomera Flüchtlinge rebellieren. Ein Flüchtlingsanwalt erklärte, sie seien so kurz vor Weihnachten verzweifelt, weil die Regierung ihnen nicht die Freiheit gebe, damit sie ein neues Leben beginnen könnten. Die meisten Asylbewerber müssen sechs bis zwölf Monate im Lager verbringen. In letzter Zeit hat die Regierung, die wegen ihres harten Vorgehens gegen Flüchtlinge erst im November wiedergewählt worden war, nur noch wenige Asylbewerber überhaupt ins Land gelassen.
Die meist aus Afghanistan und dem Irak stammenden Asylbewerber kamen über Indonesien als Bootsflüchtlinge nach Australien. Hier werden die illegalen Einwanderer automatisch hinter Stacheldraht in Internierungslager gesteckt. Die sind oft in Wüstengebieten, um eine Flucht auszuschließen und die Insassen zu isolieren. Der konservative Expremier Malcolm Fraser bezeichnete Woomera als „Höllenloch“. Es ist das größte Lager. 1.421 Männer, Frauen und Kinder warten dort in sengender Sommerhitze auf eine ungewisse Zukunft.
Justizminister Daryl Williams ordnete eine Untersuchung an, um die Rädelsführer der jüngsten Rebellion festzustellen. Für sie und ihre Familien soll der Traum eines neuen Lebens in Australien zu Ende sein.
BORIS B. BEHRSING
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