Wirbel um Scharping

Verteidigungsminister als Urheber der Ankündigung geoutet, Somalia sei nächstes Ziel von US-amerikanischen Anti-Terror-Angriffen. Um Schadensbegrenzung bemüht

BERLIN taz ■ Der Urheber der geheimnisvollen Ankündigung, Somalia sei das nächste Ziel auf der Anti-Terror-Liste der USA, ist identifiziert: Es handelt sich um Rudolf Scharping, wie Recherchen der Financial Times Deutschland ergaben. Damit steht der Verteidigungsminister zum wiederholten Mal wegen seiner Öffentlichkeitsarbeit in der Kritik. CSU-Chef Edmund Stoiber forderte seinen Rücktritt, Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye verteidigte ihn mit dem halbherzigen Hinweis, es habe keine direkte Kritik der USA an Scharping gegeben.

Der Minister hatte sich am Rande eines Treffens mit seinen Nato-Kollegen bei einem Briefing zu Somalia geäußert, den Journalisten allerdings aufgetragen, als Quelle lediglich „deutsche Regierungskreise“ zu nennen. Diese Praxis ist international üblich, führte angesichts der Brisanz eines möglichen Kriegs gegen Somalia aber in Deutschland wie den USA zu Verwirrung.

Plötzlich widersprachen offizielle Regierungsstellen den bis dahin noch ungenannten „Regierungskreisen“. So qualifizierte der Sprecher des Auswärtigen Amtes die Ankündigung mit den Worten ab: „Das sind die absonderlichsten Meldungen, die einen da erreichen.“ Auch nach Bekanntwerden von Scharpings Urheberschaft blieb er bei seiner Einschätzung: „Das finde ich schon absonderlich.“ US-Verteidigungsminister Rumsfeld sprach von „komischen Berichten“ aus deutschen Quellen und erklärte, ohne Scharping namentlich zu nennen: „Der Deutsche hatte unrecht, (. . .) ihm tut es wahrscheinlich leid, aber er lag eindeutig falsch.“

Die Dementis lassen offen, ob Scharping ein Geheimnis ausgeplaudert oder Unsinn geredet hat. In Brüssel hatte er gesagt, es stehe nicht mehr zur Debatte, ob in Somalia gegen den Terrorismus vorgegangen werde, sondern nur noch, mit welchen Mitteln. Gestern mühte Scharping sich um Schadensbegrenzung: Ihm sei von militärisch-operativen Planungen für einen Einsatz in Somalia nichts bekannt.

PATRIK SCHWARZ