Mensch, Haus und Historie

■ Schütting, Kippenberg-Gymnasium oder die Gröpelinger Hafen-Apotheke können reden: der zweite Band von „Bremer Häuser erzählen Geschichte“ ist erschienen

Hobby-Nerds und Liebhaber, die in Sachen Bremischer Geschichte unterwegs sind, dürfen jubilieren: Nachdem der erste Band „Bremer Häuser erzählen Geschichte“ schon reichlich verkauft wurde, gaben Detlev Gross und Peter Ulrich eine zweite Ausgabe heraus.

Drin: 17 Geschichtchen, die die Historie der Hansestadt anhand von Häusern und ihren Bewohnern erzählen: Da kommen Menschen zu Wort, die im Schütting, dem Kippenberg-Gymnasium oder in der „Hafen- Apotheke“ in Gröpelingen arbeiteten, lebten – und litten. Historische Fakten mischen sich mit subjetiver Erinnerung und Anekdoten – mal witzig, mal nett, leider ab und an auch mal knöchern betulich.

Da wandelt Bürgermeister Henning Scherf zum Beispiel (ein bisschen zu) gerührt durch die obere Rathaushalle, während Peter Ulrich, Pfarrer am Bremer Dom, von seiner Terrasse aus gemächlich den Blick übers Rathaus, den Schütting und den Dom wandern lässt.

Auch nicht so prominente BremerInnen erzählen Geschichten – und die „ihrer“ Bremer Häuser. Der Gröpelinger Internist Johannes Grundmann schnackt vom riesigen Angebot der Hafen-Apotheke an der Gröpelinger Heerstraße Anfang des 20. Jahrhunderts.

Hier gab's alles, was weltreisende Bremer so brauchten: Salben gegen Flechten, Ungeziefer, Hämorrhoiden und Krätze.

Ein besonders großes Schmankerl ist die Historie eines Bremer Hauses, das nicht an der Weser, sondern im fernen Osten erbaut wurde. Henning Melchers, ein Spross des lebenslustigen Kaufmanns und Bauherrn der Villa Lesmona erzählt die Geschichte dieses Gebäudes, das Ende des 19. Jahrhunderts in Shanghai entstand. Die Villa stand früher auf der grünen Wiese – heute erhebt sich dort die Skyline von Shanghai. Nur ein Porzellanhocker hat den Abriß des Hauses überlebt.

Zahlenkonglomerate, Gedankensprünge und teils umständliche oder hölzerne Passagen machen das Lesen leider auch mal mühsam. Schön sind aber die kleinen, feinen Erinnerungen und besonders die vielen historischen und aktuellen Fotos, die die Texte bebildern. Diese Fotos allein machen Lust, sich näher mit Bremer Geschichte zu befassen.

Katharina Borchardt

Detlev G. Gross, Peter Ulrich (Hrsg.): Bremer Häuser erzählen Geschichte. Zweiter Band. Döll Edition. Preis: 20 Euro