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standbildWunder, oh Jungfrauenwunder

Wunder – Die geheimnisvolle Kraft

(Do., 20.45 Uhr, arte)

Wenn der Himmel Wunderkraft wirken lässt, regnet es schon mal Kronleuchter im Mailänder Armenviertel. So erfrischend ironisch geht es im Leinwandmärchen „Das Wunder von Mailand“ des italienischen Regisseurs Vittorio de Sica zu. Das war 1950. Rund fünfzig Jahre später, im Dokumentarfilm „Als die Jungfrau erschien“ des Franzosen Patrick Benquet nimmt sich hingegen die Sache mit den Erscheinungen eher karg aus, ist ohne Augenzwinkern wiedergegeben. Was das Sujet dem Fernsehzuschauer recht öde erscheinen lässt. Da muss man sehen, wie tränenüberströmte Frauen im bosnischen Medjugorje dem Marienkult verfallen; Langatmige Schilderungen schneewittchenähnlicher Eingebungen – mit schwarzen Haaren, roten Wangen, und so weiter – über sich ergehen lassen.

De Sica, waren das noch Zeiten. Als es – zumindest im Film – Regenschirme für die Armen regnete, um sich vor der Macht der Herrschenden und ihren mit Wasserschläuchen gerüsteten staatlichen Bütteln, der Polizei, zu schützen. Aber zurück zu Benquets Dokumentarfilm. Recherchen im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima fallen kaum ergiebiger aus. Drei Geheimnisse gebe es, einer Nonne im Oktober 1917 von der Jungfrau eingeflüstert – so sagt die staubige Historie. Weiter ist zu erfahren, diese seien kaum der Rede wert; enthielten, soweit verraten, unsinniges Geschwätz: Von Hölle und Jungfräulichkeit.

Bei soviel Geheimniskrämerei muss dem Filmemacher wohl selbst wirr im Kopf geworden sein. Informiert er doch als Schlussfazit, eins zu eins, ohne Quellenangabe: Maria sei selbst zur Göttin mutiert, setze sich bei Vater und Sohn für die Menschen ein, helfe, „das Böse“ zu bekämpfen. O Herr, schick Hirn vom Himmel. Hatte doch zuvor im Film Fatima-Experte Mario de Oliveira noch analysiert, wozu der Zauber gut ist: Klerus und katholische Hierarchien hätten den Hokuspokus genutzt, um die Bevölkerung gegen die portugiesische Republik aufzuhetzen. Denn durch die Trennung von Staat und Kirche seien der Kirche – anders als in der Monarchie – gewährte Privilegien und besondere Eigentumsrechte entzogen worden. GITTA DÜPERTHAL

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