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Mein Garten – mein Königreich

■ Anwohner in Stuhr wollen die Eisenbahngleise hinter ihrem Haus rausreißen und lieber einen Radweg bauen. Die Straßenbahn, die dort fahren könnte, lehnen sie ab. Sie fürchten den Lärm

Ohne umzusteigen könnte man schon 2005 von Stuhr bis ins Zentrum von Bremen fahren – mit der Straßenbahn. Das jedenfalls sehen die Pläne des Verkehrsverbundes Bremen-Niedersachsen (VBN) vor, die der Stuhrer Gemeinderat im Frühjahr beraten soll. Alle Fraktionen in Bremens Nachbargemeinde befürworten das Vorhaben. Dennoch droht Streit: Die Anlieger der Schienenstrecke wollen den neuen Zug verhindern – wegen der Ruhe in ihren Gärten.

Den Anschluss Stuhrs ans bremische Straßenbahnnetz soll die Linie 8 besorgen. Die will der VBN vom Roland-Center über Huchting bis nach Alt-Stuhr verlängern. Besonders praktisch: Die Straßenbahn könnte dabei zum Teil die schon bestehenden Schienen der Bremen-Thedinghauser Eisenbahn (BTE) nutzen. Anlieger Joachim Döpkens hält von dieser Idee allerdings gar nichts. Denn die BTE-Gleise verlaufen hinter seinem Garten. Dort will der Stuhrer keine Straßenbahn haben. Zusammen mit 85 Nachbarn hat er sich daher zur „Initiative Aktiv“ zusammengeschlossen. Die StraßenbahngegnerInnen machen ihren eigenen Vorschlag: „Am sinnvollsten wäre es, die Strecke ganz stillzulegen und hier mal 'nen vernüftigen Fahrradweg zu bauen.“ Radfahren sei schließlich auch umweltfreundlich.

Im Gemeinderat dürfte Döpkens für seinen Vorschlag jedoch keine Unterstützung finden. Als „völligen Quatsch“ bezeichnet etwa CDU-Fraktionschef Jürgen von Weyhe die Radweg-Idee der Anliegerinitiative – zumal die Gemeinde als Anteilseignerin der Privatbahn BTE gerade dabei sei, den Güterverkehr auf der BTE-Schiene wieder in Schwung zu bringen. Im letzten Jahr seien dort bereits doppelt so viele Güter transportiert worden wie geplant. Von Weyhe: „Ich gehe von weiteren Steigerungen aus.“

Schienenrückbau lehnen auch SPD, FDP und die Grünen im Rat ab. „Die BTE-Schienen sind die Voraussetzung dafür, um die Straßenbahn fahren zu lassen“, betont die grüne Fraktionsvorsitzende Kristine Helmerich. Der überwiegende Teil der Bevölkerung stehe der Straßenbahn sehr positiv gegenüber. In Stuhr gebe es pro Haushalt mehr als zwei Autos. „Viele Leute würden gerne auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen.“

Dem widerspricht die Anliegerinitiative. Schon 1995 habe ein Gutachten belegt, dass sich die Bahn nicht rechne, weil die Akzeptanz in der Bevölkerung zu gering sei. Möchte-Gern-Radler und „Aktiv“-Sprecher Döpkens setzt weiterhin auf den Bus. Der halte überall im Ort und könne in Zukunft auch häufiger und auf besseren Routen fahren. „Das kann alles kurzfristig und mit weit weniger Aufwand realisiert werden als die Bahn.“

Für Stuhrs neuen Bürgermeister Cord Bockhop (CDU) ist die Verlängerung der Linie 8, so sie beschlossen wird, jedoch nur ein kleiner Teil eines neuen Nahverkehrskonzeptes. Bessere Verbindungen zwischen Bremen und dem niedersächsischen Umland seien überfällig. Bei dem noch dieses Jahr anstehenden Gemeinderatsvotum über die vom Bremer Bauressort erstellte „Vorentwurfsplanung“ geht es dem Bürgermeister daher „um eine strategische Entscheidung für oder gegen die Straßenbahn“. Er träumt von einem Zug, der Stuhr, Brinkum und Weyhe nahtlos mit der Bremer City verbindet und bis nach Syke und Thedinghausen fahren könnte. „Eine bestehende Bahntrasse“, betont er, „ist ein besonderer Wert.“

Zur Bremsstrecke für den Zug nach Stuhr könnten allerdings die anderthalb Kilometer zwischen Roland-Center und der Bremer Landesgrenze werden. Auch in Huchting nämlich hat die neue Bahn mit Vorbehalten der Anlieger zu kämpfen. Dort ist noch unklar, ob sie von Anfang an auf der BTE-Trasse oder zunächst über die Kirchhuchtinger Landstraße verlaufen soll. Selbst Rolf Berger, Sprecher der Huchtinger „Initiative gegen eine Verlängerung über die Kleinbahntrasse“, will die Bahn nach Stuhr jedoch nicht grundsätzlich bekämpfen. „Das wäre ja albern“, sagt er, die zukunftsträchtige Bahn zu torpedieren. Nur die BTE-Trasse hinter seinem Garten, „die kann gut für einen Radweg genutzt werden.“

Armin Simon

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