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Ökotourismus bis zum Abwinken

Der Trend zur kurzen Fernreise treibt den Klimaforschern die Tränen in die Augen. In Hannover stellen sich Anbieter von nachhaltigem Tourismus vor

Das Zauberwort öko wird bei den großen Reisekonzernen heute gern benutzt

von CHRISTINE BERGER

Selten war das Reisen unbeschwerter als heute. Seitdem alternative Anbieter auch Fernreisen unter ökologischen Gesichtspunkten verkaufen, müssen sich umweltbewusste Touristen nicht länger mit einem schlechten Gewissen herumplagen, wenn sie in den Flieger steigen. Die Nachfrage nach fernen Zielen steigt, und das ist auch auf dem 12. Reisepavillon, der Messe für nachhaltiges Reisen zu spüren, die heute in Hannover beginnt.

Der Reisepavillon, der seit 1990 kleinen und mittleren Reiseanbietern mit alternativem Angebot ein Forum bietet, fügt sich damit einem Trend, der weltweit den Klimaforschern die Tränen in die Augen treibt. Immer mehr Touristen fliegen billig und meist nur für ein paar Tage in die Karibik, nach Thailand oder Johannesburg. Flogen 1989 gerade mal 1,5 Prozent aller Urlauber in ferne Gegenden, waren es laut einer Studie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. zehn Jahre später bereits über acht Prozent.

Dieser Entwicklung hat die Flugangst vieler nach dem 11. September weniger Abbruch getan als erwartet. Zwar stornierten im Herbst viele Kunden ihre Reisen, „doch schon jetzt zeichnet sich eine Normalisierung ab“, erklärte TUI-Geschäftsführer Volker Böttcher und liegt damit auf gleicher Linie wie seine Kollegen beim Konkurrenten LTU.

Da kommt es auf den ersten Blick gerade recht, dass die UNO dieses Jahr nicht nur zum Jahr der Berge auserkoren hat, sondern auch zum Internationalen Jahr des Ökotourismus. Was sich konkret dahinter verbirgt, bleibt allerdings unklar. „Da reden auf internationalen Ebene viele aneinander vorbei“, so Bernd Räth vom Verein Ökologischer Tourismus in Europa. Als imagepflegend wird das Zauberwort öko in den Chefetagen der Reisekonzerne mittlerweile gerne in den Mund genommen. Längst haben die Reiseveranstalter erkannt, dass eine verdreckte Umwelt schlecht fürs Geschäft ist. TUI, internationaler Branchenprimus mit 4,56 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2000/2001, vergibt zum Beispiel seit längerem einen internationalen Umweltpreis an Initiativen, die sich um die Umwelt in TUI-Destinationen verdient gemacht haben. Biohotels mit Gemüse aus kontrolliertem Anbau und besonders umweltfreundliche Ferienanlagen werden im Katalog besonders gekennzeichnet. „Als Zusatzgeschäft werden Ökoreisen von den Reiseveranstaltern gerne mit ins Boot genommen. Die Nachfrage ist schließlich da“, so Räth. Wer in den Anden wandern will, bucht schließlich ein Flugticket bei Lufthansa, LTU oder einer anderen Airline. Ganz im Gegensatz zum offensiven Einsatz fürs Ökologische schaffen und bedienen Reiseveranstalter jedoch immer mehr Trends mit fatalen Folgen für Mensch und Natur. All-inclusive-Urlaub, wie er zum Beispiel bei Kreuzfahrten, Hotel- und Clubferien gebucht wird, verzeichnete unter anderem bei TUI im vergangenen Jahr Zuwächse von rund fünfzig Prozent. In den Destinationen mit All-inclusive-Angeboten werden die Einheimischen vom Tourismusgeschäft immer mehr ausgeklammert. Wer seine Reise so bucht, dass er fürs Essen, Trinken und Übernachten keinen Pfennig mehr ausgeben muss, lässt regionale Anbieter logischerweise leer ausgehen. Was bleibt, ist der Abfall, den Hotels und Luxusliner zurücklassen.

Da hilft auch das Internationale Jahr des Ökotourismus nicht weiter. Im Gegenteil: Gerade weil es bislang keine gültigen Standards für Ökoreisen gibt, droht die Beliebigkeit des Begriffs. Internationale Organisationen, die sich im Third World Network zusammengeschlossen haben, plädieren seit zwei Jahren für ein Neubewerten des Ökotourismus und fordern auf ihrer Webseite www.twnside.org.sg/ ein „Internationales Jahr zur Überprüfung des Ökotourismus“.

Immerhin haben es einige von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) unterstützte Tourismusprojekte dank des UN-Jahres bis Hannover geschafft. Erstmals präsentieren sich Anbieter aus 26 Ländern in einem eigenen Forum des Reisepavillons (siehe Interview). Dort stellen sie nicht nur Orte vor, deren Bewohner den Tourismus als Einnahmequelle entwickeln, sondern tauschen auch Erfahrungen über Marketing und nachhaltige Tourismusansätze aus. Auch ein Vortragsprogramm ist angesetzt. Thema unter anderen: „Tourismus und Naturschutz: Wer rettet eigentlich wen?“

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